BDEW: Verursachungsgerechte Finanzierung bei Schäden durch PFAS-Einträge erforderlich

Gutachten: Kostenübernahme durch Hersteller schon jetzt umzusetzen

Schon jetzt kann nach EU-Recht eine verursachungsgerechte Kostenübernahme für den Verursacher einer Verschmutzung durch PFAS umgesetzt werden. Diese Auffassung vertritt ein im Auftrag des BDEW und der Stadtwerke Rastatt von den Rechtsanwälten Geulen & Klinger erstelltes Gutachten, das vor dem Hintergrund des Umweltskandals in Mittelbaden eine erweiterte Herstellerverantwortung insbesondere in Bezug auf eine Umweltbelastung durch PFAS untersucht. Grundlagen für eine solche Kostenübernahme seien insbesondere die Vorgaben der EU-Trinkwasser-Richtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), welche die Mitgliedstaaten bereits heute zu einem vorsorgenden Schutz der durch PFAS gefährdeten Trinkwasserressourcen verpflichteten.

Somit verfüge die EU - bereits vor dem angekündigten umfassenden Maßnahmenpaket zur Belastung der Umwelt durch Spurenstoffe und insbesondere PFAS – über das notwendige Instrumentarium, um einen effektiven Schutz zu etablieren, teilte der BDEW bei der Vorstellung des Gutachtens mit.

Spurenstoffe wie die die per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), die als besonders bedenklich für die menschliche Gesundheit und die Umwelt eingeschätzt werden, könnten bereits in niedrigen Konzentrationen problematisch sein; deswegen seien in der EU-Trinkwasserrichtlinie und der vorgesehenen Umsetzung zur Trinkwasserverordnung entsprechende Grenzwerte vorgesehen, erläutert der BDEW. Hinzu komme, dass unter normalen Umweltbedingungen kein oder ein nur sehr geringer Abbau der Schadstoffe stattfinde.

Kritik an Bewirtschaftungsplanung

Die bestehenden, aber nach Auffassung der Gutachter bislang unzureichend umgesetzten rechtlichen Anforderungen seien u.a. im Rahmen der Bewirtschaftungsplanung für die einzelnen Flussgebietseinheiten dringend zur Geltung zu bringen. In Deutschland würden sie aber „bedauerlicherweise vielfach verkannt“, heißt es in dem Gutachten. Dies zeige das Beispiel der Bewirtschaftungsplanung für das baden-württembergische Einzugsgebiet der Flussgebietseinheit Rhein für den Bewirtschaftungszyklus 2022-2027, bei der die staatlichen Handlungsverpflichtungen zur Eindämmung der PFAS-Kontamination grundlegend missachtet würden. In dem Maßnahmenprogramm heißt es, grundsätzlich würden alle bekannten Altlast- und Altlastverdachtsflächen sowie stoffliche schädliche Bodenveränderungen, von denen Gefährdungen für die Schutzgüter Wasser, menschliche Gesundheit und Nutzpflanzen ausgehen bzw. ausgehen können, bereits nach den Vorgaben des Bundesbodenschutzgesetztes in Verbindung mit der Bundesbodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) bzw. den materiellen Vorgaben des Wasserrechts bearbeitet; sie seien nicht Gegenstand der konkreten Bewirtschaftungsplanung Wasserrahmenrichtlinie.

Damit werde keine Notwendigkeit gesehen, im Rahmen der Bewirtschaftungsplanung die Verschmutzung des Grundwassers durch PFAS zu adressieren, kritisieren die Gutachter. Dementsprechend sehe auch das Maßnahmenprogramm Baden-Württembergs zur Flussgebietseinheit Rhein keine entsprechenden Maßnahmen vor.

Verstärkte Verursacherverantwortung

Mit Blick auf eine verstärkte Verursacherverantwortung geht das Gutachten u.a. auf den Artikel 8 der Trinkwasser-Richtlinie ein, dem zufolge die Mitgliedstaaten gegebenenfalls sicherstellen, dass die Verursacher in Zusammenarbeit mit den Wasserversorgern und sonstigen relevanten Interessenträgern Präventivmaß- bzw. Minderungsmaßnahmen ergreifen. Zwar deute die Formulierung „gegebenenfalls“ zunächst auf ein mitgliedstaatliches Ermessen hinsichtlich des „Ob“ der Heranziehung der Verursacher hin. Andererseits spreche die Formulierung „sicherstellen“ dafür, dass die Heranziehung der Verursacher nicht im Belieben der Mitgliedstaaten steht, heißt es in dem Gutachten.

PFAS-Fonds könnte
verfassungskonform
ausgestaltet werden

Das Gutachten kommt zudem zu dem Ergebnis, dass ein PFAS-Fonds als mögliches Instrument zur Realisierung einer Finanzierungsverantwortung der Hersteller PFAS-haltiger Stoffe verfassungskonform ausgestaltet werden könnte. Eine solche Sonderabgabe auf nationaler Ebene als Instrument zur Realisierung der Finanzierungsverantwortung der Hersteller und Inverkehrbringer PFAS-haltiger Produkte sei denkbar und folge dem Beispiel anderer existierender Sonderabgaben wie dem dualen System für Verpackungen.

Ein PFAS-Haftungsfonds würde nicht nur der bloßen Mittelbeschaffung dienen, sondern der Konkretisierung und Realisierung des Verursacherprinzips, wie es u.a. der Kommunalabwasser-Richtlinie zugrunde liege, um die notwendigen Kosten der zum Schutz der Gewässer erforderlichen Abwasseraufbereitung zu finanzieren. Auch eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck liege vor:  Sofern Hersteller und Importeure PFAS-haltiger Produkte PFAS unmittelbar in Gewässer einleiten, sei der Verursachungszusammenhang eindeutig zu bejahen, heißt es in dem Gutachten. Doch auch, wenn dies nicht der Fall sei, kann die besondere Sachnähe bejaht werden aufgrund der Tatsache, dass die Hersteller PFAS-haltiger Produkte bei der Produktentwicklung die größten Potenziale hätten, auf ein gewässerverträgliches Design ihrer Produkte hinzuwirken.

Was die Gutachter über den Umweltskandal in Mittelbaden schreiben, lesen Sie hier ...

 

 

 

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