DWA sieht bei Kommunalabwasserrichtlinie noch erheblichen Diskussionsbedarf

Zustimmung zu Erweiterter Herstellerverantwortung

Die im Entwurf der Kommunalabwasserrichtlinie enthaltene Erweiterte Herstellerverantwortung findet die ausdrückliche Zustimmung der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA). „Mit der Einführung der Erweiterten Herstellerverantwortung in die Kommunalabwasserrichtlinie nimmt die Europäische Union die Hersteller von Arzneimitteln und Kosmetika endlich in die Pflicht und stärkt das Verursacherprinzip auch im Wasserrecht“, erklärte Uli Paetzel, Präsident der DWA, anlässlich der Veröffentlichung der DWA-Stellungnahme zur Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie. Im Idealfall führe dies nicht nur zu einer gerechten Verteilung der Kosten, sondern erzeuge auch eine Lenkungswirkung in Richtung einer Vermeidung wassergefährden Stoffe an der Quelle. Eine grundsätzlich positive Einschätzung mit einigen deutlichen Kritikpunkten den dem Richtlinienentwurf hat auch der VKU abgegeben.

Den Novellierungsentwurf der EU-Kommission sieht die DWA in weiten Teilen positiv, der Schutz der Gewässer werde durch die neuen Regelungen deutlich ausgebaut, und mit dem Instrument des Abwassermonitorings könnten wichtige Erkenntnisse für den Gesundheitsbereich gewonnen werden. In vielen Bereichen, wie beispielsweise der verpflichtenden weitergehenden Abwasserbehandlung auf allen größeren Kläranlagen oder der dort auch vorgesehenen Energieneutralität, bestehe aber auch noch erheblicher Diskussionsbedarf, um den Schutz der Gewässer effizient und kostenbewusst zu erreichen, so Paetzel.

"Risikoeinstufung noch sehr unscharf"

Die weitergehende Abwasserbehandlung ist nach Auffassung der DWA ein wichtiger Baustein zur Verminderung des Spurenstoffeintrags in die Gewässer. Aufgrund des hohen finanziellen und sehr hohen energetischen Aufwands der weitergehenden Abwasserbehandlung sollte diese aber nicht flächendeckend rechtlich gefordert werden, sondern nur überall dort, wo es gewässer- oder nutzungsbezogen sinnvoll ist. Ein risikobasierter Ansatz, wie ihn der Richtlinienentwurf auch vorsehe, sei dafür ein guter Weg.

Der Novellierungsentwurf sei aber bezüglich der Risikoeinstufung der Gewässer und Anlagen noch sehr unscharf. Zudem sieht die DWA die Gefahr, dass die Vorgaben der Kommunalabwasserrichtlinie in Kombination mit anderen Regelungen wie der Umweltqualitätsnormenrichtlinie zu einer flächendeckenden Verpflichtung führen könnten. Erforderlich sei hier ein praxistaugliches Gesamtkonzept über die Kommunalabwasserrichtlinie hinaus, bei dem die weitergehende Abwasserbehandlung nur eine Säule darstelle und die Verminderung der Einträge an der Quelle ebenfalls im Fokus stehen müsse.

Klarstellungsbedarf bei
Vierter Reinigungsstufe

Klarstellungsbedarf sieht die DWA bei der Finanzierung der vierten Reinigungsstufe. Es sei sicherzustellen, dass die Regelung technologie- bzw. verfahrensoffen gestaltet wird und nicht Verfahren zur Spurenstoffelimination deshalb aus einer Kostenübernahmeverpflichtung für die Hersteller herausfallen, weil sie neben Spurenstoffen auch in anderen Bereichen die Reinigungsleistung verbessern. Im Zweifel sei eine anteilige Kostenübernahme zu regeln.

Die EU-Kommission fordert den Ausbau mit vierten Reinigungsstufen zur Entfernung von Spurenstoffen für alle Kläranlagen ab 100.000 Einwohnerwerten bis 2035. Zudem müssen bis 2040 auch Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von 10.000 Einwohnerwerten mit einer vierten Reinigungsstufe ausgestattet sein, wenn die Konzentration von Mikroschadstoffen ein Risiko für die Umwelt oder die menschliche Gesundheit darstellt.

Optimierte Klimabilanz
statt Energieneutralität

Eine gesetzliche Vorgabe, Energieneutralität auf der jeweiligen Anlage zu erreichen, ist nach Auffassung der DWA nicht erforderlich - die EU-Kommission will in der Novelle die Energieneutralität kommunaler Kläranlagen auf nationaler Ebene zeitlich gestaffelt nach der Größe bis 2040. Die Anlagenbetreiber sollten neuen Verpflichtungen zum Klimaschutz hier mit mehr Flexibilität nachkommen können, z.B. durch den Ausbau von erneuerbaren Energien an anderem Ort, fordert die DWA.

Aktuell liege die Eigenerzeugung bei 42 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der Kläranlagen. Aufgrund der steigenden Reinigungsanforderungen - Spurenstoffelimination und Phosphorrecycling - werde der Energiebedarf der Kläranlagen zukünftig weiter zunehmen. Weder die bestehende noch die zukünftige Energielücke werden sich der DWA zufolge mit PV- und Windkraftanlagen sowie Wärmerückgewinnung auf allen Anlagen schließen lassen. Die geforderte Energieneutralität dürfe nicht auf Kosten der Reinigungsleistung gehen. Kernaufgabe der Betriebe ist die Abwasserbehandlung, nicht die Energieproduktion.

„Deutschland muss jetzt seine
nationalen Verschärfungen aufgeben“

Die DWA hebt hervor, dass die in der novellierten Kommunalabwasserrichtlinie deutlich erhöhten Mindestanforderungen an die Abwasserbehandlung in allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden müssen, in denen trotz der seit 1991 in Kraft befindlichen Kommunalabwasserrichtlinie erhebliche Unterschiede bestünden. Deutschland müsse dagegen seine nationalen Verschärfungen aufgeben. Dies gelte besonders für die schärfere Messmethodik bei der Überwachung der europarechtlichen Vorgaben, bei denen Deutschland aktuell durch die qualifizierte Stichprobe bzw. die 2-Stunden-Mischprobe für Phosphor und Stickstoff deutlich strengere Anforderungen erhebe als andere Mitgliedstaaten mit der europarechtlich vorgesehenen 24-Stunden-Mischprobe.      

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