EUWID-Interview: „Akteure entlang des Wasserkreislaufes müssen noch enger zusammenarbeiten“

Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) haben gemeinsam die Vision 2100 veröffentlicht, in der sie ihr Zukunftsbild einer wasserbewussten Gesellschaft zeichnen. EUWID Wasser und Abwasser hat hierzu mit Dr. Wolf Merkel, DVGW-Vorstand Wasser, und Johannes Lohaus, Sprecher der Bundesgeschäftsführung der DWA, ein Interview geführt.

Die Vision 2100 setzt voraus, dass es ein Bewusstsein für den natürlichen Kreislauf des Wassers, für Stoffkreisläufe und für den Ressourcenschutz gibt. Wie soll dies angesichts des nach wie vor weit verbreiteten linearen Denkens (Stichwort: End-of-Pipe) konkret erreicht werden?

Merkel: Die Auswirkungen des Klimawandels auf das Wasserdargebot und den Wasserbedarf in Deutschland sind signifikant. Überall und rund um die Uhr sauberes Wasser zur Verfügung zu haben, ist nicht länger eine Selbstverständlichkeit. Punktuell und regional auftretende Engpässe müssen zu einer Schärfung des öffentlichen Bewusstseins führen – und zwar dahingehend, dass die kostbare Ressource mehr Prävention benötigt. Dies kann nur gelingen, wenn die Akteure entlang des Wasserkreislaufes künftig noch enger zusammenarbeiten. Zugleich müssen Anreize und Bewusstsein geschaffen werden, Wasser- und Stoffkreisläufe weitestgehend zu schließen. Das Verursacherprinzip muss konsequent umgesetzt und angewandt werden.

Unsere Vision 2100 beschreibt diesen ambitionierten Anspruch für ein umweltfreundliches, sozialverträgliches und nutzerorientiertes Handeln. Darauf müssen sich die Anstrengungen der Wasserwirtschaft in Zusammenarbeit mit Kommunen, Ländern und dem Bund sowie mit allen gesellschaftlichen Akteuren ausrichten. Denn dauerhaft sauberes Wasser kann nur in einer geschützten Umwelt in ausreichender Quantität und in hoher Qualität für alle zur Verfügung stehen. Dazu brauchen wir eine wasserbewusste Gesellschaft, die dem Wasser als Lebensgrundlage für Menschen, Tiere und Pflanzen einen sehr hohen Wert beimisst.

Lohaus: Das Denken in Kreisläufen ist auch in der Politik angekommen. Das unterstreichen besonders die aktuellen Gesetzesvorhaben auf nationaler und EU-Ebene. So fordert beispielsweise die Klärschlammverordnung eine Phosphorrückgewinnung. Aber Sie sprachen ja auch das End-of-Pipe-Denken an. Dies ist zwar noch weit verbreitet, der Paradigmenwechsel ist aber eingeleitet. Der Entwurf der EU für die Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie enthält zwar beispielsweise mit der Verpflichtung für eine weitergehende Abwasserbehandlung auf größeren Kläranlagen eine Fortsetzung des End-of-Pipe-Denkens. Auf der anderen Seite will die EU aber eine erweiterte Herstellerverantwortung einführen. Die Hersteller der kritischen Stoffe, hier konkret von Humanarzneimitteln und Kosmetika, sollen für den Abbau in den Kläranlagen finanziell aufkommen. Hierdurch erwarten wir uns eine klare Lenkungswirkung, ein wichtiger Schritt von End-of-Pipe zum Verursacher- und Vorsorgeprinzip.

Ähnlich die gerade verabschiedete Nationale Wasserstrategie. Die hier vorgesehene Erweiterte Produktverantwortung folgt den gleichen Gedanken und Zielen wie die Erweiterte Herstellerverantwortung der EU-Kommission. Zudem hebt die Nationale Wasserstrategie den natürlichen Wasserkreislauf besonders hervor, ebenso die Schließung von Stoffkreisläufen und den Ressourcenschutz. Die deutsche Wasserwirtschaft sieht die Nationale Wasserstrategie daher naturgemäß äußerst positiv, zwischen der Nationalen Wasserstrategie und der gemeinsam von DVGW und DWA entwickelten Roadmap 2030 bestehen sehr viele Übereinstimmungen. Jetzt müssen sowohl Wasserwirtschaft als auch die Politik diese Strategien mit Leben füllen und umsetzen. Die Vision 2100 gibt uns dabei das Zielbild vor. Beim Umgang mit Regenwasser hat die DWA bereits die entsprechenden Pflöcke eingeschlagen. Die neue Arbeitsblattreihe DWA-A 102 zur Bewirtschaftung von Niederschlagswasser fokussiert auf den nachhaltigen Umgang mit Regenwasser.

Weitere Inhalte des Interviews, unter anderem zum künftigen Wasserdargebot, zu Spurenstoffen und zum Selbstverständnis der Wasserwirtschaft, finden Sie hier......

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