Sachsen: Halber Jahresniederschlag fehlt, um Defizit im Wasserhaushalt auszugleichen

Erneut extreme Trockenheit im Jahr 2022 zeigt Auswirkungen

Niedrigwasser, Grundwasserdürre, ausgezehrte Böden, Ernteeinbußen und Waldbrände – nach einer „Verschnaufpause“ 2021 hat sich in Sachsen im Jahr 2022 erneut eine extreme Trockenheit ausgebildet. Insgesamt fehlt im Sachsen-Mittel seit 2018 mehr als ein halber Jahresniederschlag, um das Defizit im Wasserhaushalt auszugleichen – das sind Ergebnisse, die das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) und der Deutsche Wetterdienst (DWD) Ende Januar vorgestellt haben. Untersucht wurde, wie sich die Witterung 2022 klimatologisch einordnen lässt und welche Auswirkungen sie auf Umwelt, Land- und Forstwirtschaft hat.

Als Vergleichszeitraum für die klimatologische Bewertung dient den Angaben zufolge die Klimareferenzperiode 1961 bis 1990, die von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zur Bewertung der langfristigen Klimaentwicklung festgelegt wurde. Das Jahr 2022 sei mit +2,1 Grad „extrem zu warm“ gewesen, mit 29 Prozent mehr Sonnenstunden „extrem zu sonnenreich“, mit 19 Prozent weniger Niederschlag viel zu niederschlagsarm. Gleichzeitig war es nach 2018, 2019 und 2020 das viertwärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ab 1881. Damit traten die vier wärmsten Jahre in Sachsen in den letzten fünf Jahren auf.

Klimatische Wasserbilanz mit Defizit
von 20 Litern pro Quadratmeter

Besonders markant stechen laut LfULG und DWD das Frühjahr und der Sommer heraus. Die Monate April bis August waren durchweg von erheblichen Niederschlagsdefiziten geprägt: das Frühjahr hatte 48 Prozent weniger Niederschlag, und der Sommer schlägt mit einem Minus von 33 Prozent zu Buche. Bei der Temperatur im Sommer wird ein Plus von 2,7 Grad verzeichnet. Die meisten Sonnenstunden gab es im Frühjahr mit +46 Prozent. Die klimatische Wasserbilanz (Niederschlag minus Verdunstung) weist in Sachsen ein Defizit von 20 Litern pro Quadratmeter auf. In der Klimareferenzperiode 1961 bis 1990 betrug die Klimatische Wasserbilanz zum Vergleich +250 Liter pro Quadratmeter. Das Defizit im Jahr 2022 resultiere aus den 19 Prozent weniger Jahresniederschlag und einer um +21 Prozent erhöhten Verdunstung. Damit trete ein „Durst der Atmosphäre“ auf.

Bodenwasserspeicher vor allem in Nordsachsen noch nicht ausgeglichen

Aus bodenhydrologischer Sicht gibt es den Angaben zufolge regional große Unterschiede. Vor allem in Nordsachsen sei der Bodenwasserspeicher aufgrund sehr geringer Jahresniederschläge noch nicht ausgeglichen. An der Bodenbeobachtungsfläche Köllitsch verharre der Bodenwasserspeicher bei einem Auffüllstand von lediglich 22 Prozent der maximal möglichen Speicherkapazität des Bodens. Besonders markant sei in Sachsen die mehrjährige Beobachtung, dass insbesondere aus den schweren Lössböden so gut wie kein Sickerwasser bis in tiefe Bodenschichten gelangt.

Grundwasserdürre wieder verschärft

Im Grundwasser reichte der überdurchschnittliche Niederschlag aus dem Vorjahr nicht aus, die seit Jahren anhaltenden Grundwasserdefizite auszugleichen, heißt es weiter. So habe sich nach leichter Abmilderung ab dem Sommer 2022 die Grundwasserdürre wieder verschärft. Verdeutlicht werde das durch die aktuell immer noch viel zu niedrigen Grundwasserstände in Sachsen: Zum Stichtag 23. Januar 2023 wurde an 84 Prozent der ausgewerteten Messstellen der monatstypische Grundwasserstand um knapp einen halben Meter unterschritten. Eine nachhaltige Erholung der Grundwassersituation wird durch die fortschreitende Änderung der Klimaverhältnisse erschwert.

Auch größere Flüsse
abschnittsweise ohne Wasser

In den sächsischen Fließgewässern bildete sich den Angaben zufolge bereits im Frühjahr 2022 ein ausgeprägtes Niedrigwasser aus, das bis Ende August anhielt. Nicht nur kleinere Flüssen fielen trocken, sondern auch in größeren Flüssen, wie die Schwarze Elster, floss abschnittsweise kein Wasser. Das Niedrigwasser entwickelte sich noch schneller und war intensiver als im Trockenjahr 2018. Ohne eine nachhaltige Erholung des Grundwassers werde es auch in diesem Jahr bei längeren Trockenphasen rasch zur Ausbildung eines flächendeckenden Niedrigwassers kommen.

Versorgung der Bevölkerung
stets gewährleistet

Die sächsischen Talsperren waren laut LfULG Anfang des Jahres 2022 gut gefüllt. Im weiteren Jahresverlauf war die Talsperrenbewirtschaftung erneut durch die trockenheitsbedingten, vergleichsweise niedrigen Zuflüsse geprägt. Die niedrigen Füllstände der Trockenjahre 2018 bis 2020 wurden nicht wieder erreicht. Rund 40 Prozent der Sachsen erhalten ihr Trinkwasser aus aufbereitetem Talsperrenwasser, sodass auch in den vergangenen Trockenjahren die Versorgung der Bevölkerung stets gewährleistet war.

Niederschlagsdefizit macht Wäldern weiter zu schaffen

Das Niederschlagsdefizit ab März 2022 macht den Behördenangaben zufolge auch den sächsischen Wäldern weiter zu schaffen. Aufgrund der anhaltenden Trockenheit würden die Waldbäume weiter geschwächt. In der Waldzustandserhebung zeigt sich das durch neue Höchstwerte bei Laub- und Nadelverlusten. Im Nationalpark Sächsische Schweiz und in der Gohrischheide hat die extreme Trockenheit zu verheerenden Waldbränden geführt.

Die Landwirtschaft profitierte zu Beginn der Vegetationsperiode 2022 von der guten Durchfeuchtung der Böden nach dem vergleichsweise regenreichen Vorjahr. Durch die kleinräumig sehr heterogene Niederschlagsverteilung fielen die Erträge aller Kulturen dem Landesamt zufolge regional und lokal sehr unterschiedlich aus....

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