BGH-Beschluss befasst sich mit Fristen für die Erhebung von Entwässerungsbeiträgen

4-Jahres-Frist des Zwangsversteigerungs-Gesetzes tritt rückwirkend ein

Mit den Fristen für die Erhebung rückständiger Entwässerungsbeiträge hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Beschluss zu einer Zwangsversteigerungssache befasst. Wird ein zunächst rechtswidriger Entwässerungs-Beitragsbescheid durch eine rückwirkende Satzung geheilt, tritt die für die Ermittlung der Vier-Jahres-Frist des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) maßgebende Fälligkeit rückwirkend ein. Ist der Bescheid nicht vor, sondern nach dem rückwirkenden Inkrafttreten der Satzung erlassen worden, richtet sich der Eintritt der Fälligkeit nach den Vorgaben des Bescheids, heißt es in einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (Aktenzeichen V ZB 37/21 vom 26.1.2023).

Wie der BGH zu dem Fall ausführt, setzte der Gläubiger, ein öffentlich-rechtlicher Trink- und Abwasserverband, mit einem Bescheid vom 21. August 2009 gegen den vormaligen Eigentümer des betreffenden Grundstücks Entwässerungsbeiträge in Höhe von 4.389,99 Euro fest. Der Bescheid wurde Ende August 2009 zugestellt und sah eine Fälligkeit des Beitrags in drei Monaten nach Bekanntgabe vor. Die zugrundeliegende Beitragssatzung zur Entwässerungssatzung war im Jahr 2016 vom Thüringer Oberverwaltungsgericht für unwirksam erklärt worden.

Daraufhin setzte der Gläubiger am 7. Oktober 2016 eine neue Fassung der Beitragssatzung rückwirkend zum 1. Januar 2007 in Kraft. Am 4. Dezember 2020 erließ der Verband auf der Grundlage des Bescheids aus dem Jahr 2009 gegen die Schuldnerin einen Duldungsbescheid über die Erhebung des Entwässerungsbeitrags.

Verband beantragt
Zwangsversteigerung

Der Trink- und Abwasserverband hat wegen dieser Forderung sowie wegen Säumniszuschlägen in Höhe von monatlich 43,50 Euro ab dem 5. Januar 2021 im Januar 2021 die Anordnung der Zwangsversteigerung und zudem seinen Beitritt in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG beantragt. Danach bestehen Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge.

Das Amtsgericht Eisenach hat die Zwangsversteigerung angeordnet, jedoch den Antrag auf den Beitritt in der Rangklasse 3 zurückgewiesen (Entscheidung 41 K 4/21 vom 28.1.2021) Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde beim Landgericht Meiningen hatte keinen Erfolg (Entscheidung (27) 5 T 34/21 vom 10.6.2021). Mit der Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Schuldnerin beantragt, verfolgt der Verband seinen Antrag weiter.

Forderung des Verbandes bereits
länger als vier Jahre rückständig

Der BGH hat die Entscheidung des Landgerichts bestätigt. Zu Recht habe das Beschwerdegericht den Antrag des Gläubigers auf Berücksichtigung der Beitragsforderung in Höhe von 4.389,99 Euro in der Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 ZVG zurückgewiesen. In diese Rangklasse fallen Ansprüche auf die Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks, die - wie hier - nicht zu den wiederkehrenden Leistungen gehören, führt der BGH aus. Die Forderung des Verbandes sei aber kein derartiger Anspruch. Zwar sei sie auf Entrichtung einer öffentlichen Last gerichtet, zum Zeitpunkt der Antragstellung im Januar 2021 aber bereits länger als vier Jahre rückständig gewesen.

Erst die neue Fassung der Beitragssatzung habe die Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung geschaffen; sie regle die Rückwirkung dieser Satzung mit Wirkung zum 1. Januar 2007. Ab diesem Zeitpunkt bildete die Satzung die Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung und damit die Grundlage für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts bestehen grundsätzlich keine Bedenken gegen die rückwirkende Entstehung der sachlichen Beitragspflicht aufgrund des nachträglichen Erlasses einer wirksamen Satzung mit Rückwirkung, so der BGH.

Infolgedessen war der sich aus der öffentlichen Last ergebende Anspruch, der mit Bescheid vom 21. August 2009 in Höhe von 4.389,99 Euro fällig gestellt wurde, im Zeitpunkt der Antragstellung im Januar 2021 im Sinne des ZVG mehr als vier Jahre rückständig. Der mit Bescheid vom 21. August 2009 geltend gemachte Beitrag auf Entrichtung der öffentlichen Last ist drei Monate nach dessen am 27. August 2009 erfolgter Zustellung und damit früher als vier Jahre vor der Antragstellung im Januar 2021 fällig geworden, heißt es in dem Beschluss.

Wird ein zunächst rechtswidriger Beitragsbescheid durch eine rückwirkende Satzung geheilt, tritt dem BGH zufolge die für die Ermittlung der Vier-Jahres-Frist des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG maßgebende Fälligkeit rückwirkend ein; ist der Bescheid nicht vor, sondern nach dem rückwirkenden Inkrafttreten der Satzung erlassen worden, richtet sich der Eintritt der Fälligkeit nach den Vorgaben des Bescheids, führt der BGH aus.

Bei Bescheiden, die zeitlich vor der Rückwirkungsanordnung einer heilenden Satzung erlassen wurden, trete die für die Ermittlung der Vier-Jahres-Frist des ZVG maßgebende Fälligkeit mit dem rückwirkenden Inkrafttreten der Satzung ein. Entsprechend wird auch dann, wenn der Bescheid innerhalb des Rückwirkungszeitraums erlassen wurde, der Betrag rückwirkend fällig. Der Eintritt der Fälligkeit richte sich in diesem Fall nach der Maßgabe des Bescheides. Denn die Fälligkeit kann bei einer Heilung nicht früher eintreten, als wenn der Bescheid ursprünglich rechtmäßig gewesen wäre, stellt der BGH fest

Fälligkeit deutlich früher als vier Jahre vor der Antragstellung eingetreten

Der am 27. August 2009 zugestellte Bescheid sah eine Fälligkeit von drei Monaten nach dessen Bekanntgabe vor, erläutert der BGH. Die im Rahmen des ZVG maßgebliche Fälligkeit sei damit am 28. November 2009, also deutlich früher als vier Jahre vor der Antragstellung im Januar 2021, eingetreten.

Inwieweit der Antrag auch deswegen abzuweisen wäre, weil der mit dem Bescheid geltend gemachte Anspruch bereits wegen Zahlungsverjährung erloschen und damit eine Inanspruchnahme aus der öffentlichen Last nicht mehr möglich sein könnte, muss dem BGH zufolge in dem Zusammenhang nicht entschieden werden.                              o

Den Beschluss des BGH finden Sie hier: link.euwid.de/pwfqa

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