DUH klagt gegen Niedersachsen und NRW wegen Nährstoffbelastung im Ems-Gebiet

Reduzierung der Tierzahlen und mehr Platz für Gewässer gefordert

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat wegen zu hoher Nährstoffbelastung in Gewässern im Ems-Gebiet beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht eine Klage gegen die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen eingereicht. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband fordert von den beklagten Bundesländern eine deutliche Reduzierung der Tierzahlen und eine flächengebundene Tierhaltung, eine bedarfsgerechte Düngung, mehr Raum für Gewässer mit grünen Auwiesen statt Ackerfläche sowie die korrekte und vollständige Ausweisung stark belasteter Gewässer. Das teilte die DUH am Montag mit.

Die hohe Nährstoffbelastung der Gewässer sei eine zentrale Ursache dafür, dass etwa 95 Prozent der Oberflächengewässer im Ems-Gebiet die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie verfehlten, heißt es in der Klageschrift (Aktenzeichen 7 KS 46/22). Hauptverursacher der Eutrophierung sind Nährstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft. Nährstoffe wie Nitrat, Phosphat und Ammonium können nicht mehr von Pflanzen aufgenommen werden, sondern werden in Grund- und Oberflächengewässer geleitet.

Dadurch komme es zu Algenwachstum in Seen und Küstengewässern mit bedrohlichen Folgen wie Fischsterben, so die DUH. In Niedersachsen, Deutschlands Agrarland Nummer Eins, würden 60 Prozent der Fläche landwirtschaftlich genutzt. In der Weser-Ems-Region liege zudem das Zentrum der niedersächsischen Fleischproduktion. Infolgedessen fielen massenhaft Gülle und Gärreste an. Um diese bedarfsgerecht auf die Felder auszubringen, müsste Niedersachsen der DUH zufolge etwa 200.000 Hektar größer sein.

Insbesondere gebe es keinerlei Bemühungen, das Problem der Nährstoffüberschüsse am Ursprung, nämlich den hohen Tierzahlen, anzugehen.

Maßnahmen, um Schwellenwerte
einzuhalten, in Programm aufnehmen

Der Klage zufolge sollen die beiden Länder unter anderem dazu verurteilt werden, in das Maßnahmenprogramm für die Flussgebietseinheit Ems für den Bewirtschaftungszeitraum 2021 bis 2027 alle notwendigen Aktivitäten aufzunehmen, um in den Grundwasserkörpern der Flussgebietseinheit den Schwellenwert für Nitrat in Höhe von 50 mg/l vor Denitrifikation, den Schwellenwert für Ammonium in Höhe von 0,5 mg/l und den Schwellenwert für Orthophosphat in Höhe von 0,5 mg/l einzuhalten. Alle signifikanten und anhaltenden Trends einer Steigerung der Konzentration von Nitrat, Ammonium und Orthophosphat auf Grund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten seien umzukehren.

„Bemühungen der Länder zur
Reduktion der Nährstoffeinträge
sind unzureichend“

Die Bemühungen der Länder, die Nährstoffeinträge in Gewässer zu reduzieren, sind unzureichend, heißt es in der Klageschrift weiter. Das Maßnahmenprogramm verweise im Wesentlichen auf die Bundesdüngeverordnung (DüV) und die ergänzenden Landesverordnungen - die Wirksamkeit der darin vorgesehenen Maßnahmen und ihre Vereinbarkeit mit der nun schon seit Jahrzehnten nicht umgesetzten Nitratrichtlinie sind nach Auffassung der Deutschen Umwelthilfe aber aufgrund zahlreicher Ausnahmebestimmungen und Vollzugsprobleme fraglich.

Die Länder hätten zwar die Möglichkeit, dem Düngerecht zu einer höheren Wirksamkeit zu verhelfen – etwa durch eine großflächige Ausweisung belasteter Gebiete und die Festlegung wirksamer zusätzlicher Düngerestriktionen. Von diesen Möglichkeiten machten sie jedoch keinen oder nur unzureichenden Gebrauch, heißt es in der Klageschrift.

Auch von den ergänzenden Maßnahmen, die lediglich freiwillig umgesetzt würden und unzureichend finanziert seien, gehe offensichtlich keine ausreichende Minderungswirkung aus. Die Länder nähmen die Möglichkeit, mehr Fördermittel bereitzustellen und sinnvolle Bewirtschaftungsauflagen verbindlich vorzuschreiben, nicht wahr.

„Landesregierungen müssen
endlich mit ambitionierten
Maßnahmen eingreifen“

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, erklärte, mit der Klage wolle der Verband die Nährstoffbelastung der Oberflächen- und Küstengewässer reduzieren, um Katastrophen in den Gewässern in Zukunft zu verhindern. Die Landesregierungen müssten endlich ambitionierte Maßnahmen zur Nährstoffreduzierung ergreifen. Insbesondere gelte es, die Tierzahlen zu reduzieren und den Gewässern mehr Platz zu geben. Vom Land Niedersachsen, das in seiner neuen Landesdüngeverordnung vom November 2022 als einziges Land die nitratsensiblen roten Gebiete trotz der angekündigten Strafzahlungen seitens der EU-Kommission von 24 Prozent auf 21 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche verkleinert habe, fordere die DUH eine kritische Überprüfung dieser neuen Gebietskulisse und eine ordnungsgemäße, ambitionierte Neuausweisung.

Wie leicht Gewässer in Zeiten der Klimakrise aus dem Gleichgewicht zu bringen sind, zeigt der Deutschen Umwelthilfe zufolge beispielhaft das große Fischsterben im Münsteraner Aasee 2018 (EUWID 34.2018). Nach tagelang hohen Temperaturen und nur spärlichem Wasseraustausch waren die Sauerstoffstoffwerte im See auf eine tödliche Grenze abgesunken. Insgesamt mussten mehr als 20 Tonnen tote Fische aus dem Wasser abgesaugt werden.

„Zu viele Schlupflöcher bei Neu-Ausweisung der belasteten Gebiete“

Die DUH verweist darauf, dass die Europäische Kommission 2021 die Bundesregierung sowie die Bundesländer aufgefordert habe, zur Umsetzung der EU-Nitrat-Richtlinie eine Neu-Ausweisung der nitratbelasteten und eutrophierten Gebiete vorzunehmen. Die daraufhin im Juni 2022 von der Bundesregierung vorgelegte Anpassung  enttäuscht nach Auffassung des Umweltverbandes aber und enthalte zu viele Schlupflöcher.

Die Deutsche Umwelthilfe hat bereits 2019 Klagen gegen Niedersachen und NRW wegen des Zustands des Grundwassers eingereicht, für die die DUH die Verhandlung noch in diesem Jahr erwartet. In der Zwischenzeit hätten die Länder neue Maßnahmenprogramme für die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie erstellt und neue Düngeverordnungen erlassen, die nach Auffassung der DUH noch nicht ausreichen, um gesunde Gewässer sicherzustellen.

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