Einfache E-Mail genügt nicht für Widerspruch gegen Kosten für Grundstücksanschluss

VG Neustadt: Schriftformerfordernis muss gewahrt werden

Ein mit einfacher E-Mail erhobener Widerspruch gegen die Anforderung von Kosten für die Herstellung von Grundstücksanschlüssen für Wasser und Abwasser genügt nicht dem Schriftformerfordernis. Das hat das Verwaltungsgericht Neustadt (Weinstraße) in einem Urteil festgestellt (Aktenzeichen 3 K 1023/22.NW vom 27.2.2023).

Die klagenden Eigentümer wandten sich gegen die Anforderung von Kosten für die Herstellung eines zusätzlichen Wasser- und eines zusätzlichen Abwassergrundstücksanschlusses durch die Verbandsgemeinde Herxheim, heißt es in dem Urteil zum Sachverhalt. Im August 2019 hatten sie bei der Verbandsgemeinde die Errichtung eines zusätzlichen Wasser- und eines zusätzlichen Abwassergrundstücksanschlusses zur Erschließung eines weiteren neuen Gebäudes auf dem Grundstück beantragt.

Mit den streitgegenständlichen Bescheiden verlangte die Verbandsgemeinde im Juli 2021 den Ersatz der Aufwendungen für die Errichtung eines zusätzlichen Wassergrundstücksanschlusses in Höhe von 947,11 Euro und für die Errichtung eines zusätzlichen Abwassergrundstücksanschlusses in Höhe von 4.869,32 Euro. Die Bescheide enthielten die Rechtsbehelfsbelehrung, dass gegen sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Verbandsgemeindeverwaltung Herxheim schriftlich oder nach Maßgabe des Verwaltungsverfahrensgesetzes in elektronischer Form oder zur Niederschrift erhoben werden könne.

Mit einfacher E-Mail vom 16.7.2021 legten die Kläger gegen beide Bescheide Widerspruch ein. Die E-Mail war an die Werkleiterin der Verbandsgemeindewerke und die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde gerichtet. An die E-Mail war ein Dokument im PDF-Format angehängt, das den Widerspruch einschließlich Begründung enthielt und von einem der Kläger unterschrieben war. Zur Begründung führten die Kläger aus, dass die von der Beklagten abgerechneten Mengen und Massen unzutreffend berechnet worden seien. Der von der Beklagten beauftragte Drittunternehmer habe der Beklagten auf der einen Seite in erheblichem Umfang Bauleistungen in Rechnung gestellt, die nicht erbracht worden seien, und ihr auf der anderen Seite Arbeiten, die erbracht worden seien, wie die Erdarbeiten auf dem Grundstück der Kläger, nicht berechnet.

Verbandsgemeinde: Widerspruch
ohne elektronische
Signatur unzulässig

Mit Schreiben vom 6.9.2021 erklärte die Verbandsgemeinde, der Widerspruch sei unzulässig, da die E-Mail nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen gewesen und darüber hinaus nicht bei der hierfür eingerichteten E-Mail-Adresse „herxheim@poststelle.rlp.de“ eingegangen sei. Mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Landkreises Südliche Weinstraße vom 22.11.2022 wurden die Widersprüche zurückgewiesen. Die Bescheide seien am 9.7.2021 bekannt gegeben worden. Damit habe die Widerspruchsfrist am 9.8.2021 geendet. Bis zu diesem Datum sei kein formgerechter Widerspruch eingelegt worden.

Nachdem die Verbandsgemeinde eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt hatte, erhoben die Eigentümer Klage. Sie beantragen, die Bescheide aufzuheben, soweit dort ein Betrag von mehr als 4.474,66 Euro festgesetzt wurde.

Verwaltungsgericht: Monatsfrist
nicht gewahrt

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts ist die Klage bereits unzulässig, da die Kläger das nach der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erforderliche Vorverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt haben. Sie hätten die Monatsfrist, binnen derer nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts Widerspruch zu erheben ist, nicht gewahrt. Werde der Widerspruch wegen Fristversäumung als unzulässig zurückgewiesen, sei die hierauf erhobene Klage ebenfalls unzulässig, stellt das Gericht fest.

Der gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 10.7.2020 am 16.7.2020 mit einfacher E-Mail erhobene Widerspruch vermochte die Frist bereits deshalb nicht zu wahren, weil die Nachricht nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß VwGO versehen war und damit keinerlei Rechtswirkungen entfaltete, heißt es in dem Urteil. Durch die Übersendung einer einfachen E-Mail könne nicht mit der von § 70 Abs. 1 VwGO verlangten Sicherheit festgestellt werden, ob die betreffende E-Mail vollständig und richtig ist und ob sie tatsächlich von dem in ihr angegebenen Urheber stammt. Die Formulierung „in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 VwVfG“ in § 70 Abs. 1 VwGO mache hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber selbst nicht davon ausgegangen ist, dass eine einfache E-Mail dem Schriftformerfordernis genügt.

Den Wert des Streitgegenstandes hat das Gericht auf 1.341,77 Euro festgesetzt.         

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt finden Sie hier: link.euwid.de/t903y

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