Rechtsschutzbedürfnis von Umweltverband entfällt nicht mit Inbetriebnahme eines Vorhabens

BVerwG: Normenkontrollantrag des BN gegen Bebauungsplan zulässig

Mit der Fertigstellung und Inbetriebnahme einen Vorhabens entfällt nicht das Rechtsschutzbedürfnis für den Normenkontrollantrag eines Umweltverbandes gegen den Bebauungsplan. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) gestern mit einem Urteil entschieden, mit dem es den Normenkontrollantrag des Bundes Naturschutz in Bayern (BN) gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für die Lindauer Therme für zulässig erklärt hat.

Der Antragsteller wendet sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan über eine Therme mit Freizeitbad und Eissporthalle in Lindau am Bodensee, erläutert das BVerwG. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hatte den Normenkontrollantrag mit einem Beschluss aus dem Dezember 2020 abgelehnt (Aktenzeichen VGH 2 N 18.632 vom 10.12.2020). Dieser sei nachträglich unzulässig geworden. Es fehle das für ein Normenkontrollverfahren erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Therme nahezu fertiggestellt sei, argumentierte der BayVGH.

Die Revision war erfolgreich und führte zur Aufhebung des Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an den Verwaltungsgerichtshof. Der Normenkontrollantrag ist dem Bundesverwaltungsgericht zufolge zulässig. Insbesondere könne dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden. Zwar sei auch für einen Umweltverband ein Rechtsschutzbedürfnis zu fordern. Dieses sei aber bei der hier nach § 2 Abs. 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes (UmwRG) für anerkannte Vereinigungen bestehenden Antragsbefugnis grundsätzlich gegeben.

Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt dem Urteil zufolge auch nicht ausnahmsweise deshalb, weil die Therme zwischenzeitlich fertiggestellt und in Betrieb genommen worden ist. Sollte der Normenkontrollantrag erfolgreich sein, bestehe die Möglichkeit einer erneuten Bauleitplanung. Auf eine solche Neuplanung könne ein Umweltverband wegen seiner ihm durch geltendes Recht eingeräumten besonderen Stellung hinwirken. Die Neuplanung könne zu einer Verbesserung des Umweltschutzes beitragen, führt das Bundesverwaltungsgericht aus. Dafür könnten die Erkenntnisse aus dem Normenkontrollverfahren nutzbar gemacht werden. Damit sei eine Entscheidung in der Sache nicht nutzlos.

BN: Künftig bessere Möglichkeiten, gegen naturzerstörende
Bauvorhaben vorzugehen

Der Bund Naturschutz in Bayern erklärte, Umweltverbände hätten mit dem Urteil zukünftig deutlich bessere Möglichkeiten, gegen umweltschädliche und naturzerstörende Bauvorhaben im Freistaat vorzugehen. Auch für die bereits fertiggestellte Therme Lindau ergebe sich eine neue Situation, erklärte der BN-Landesgeschäftsführer und Jurist Peter Rottner. „Der Bebauungsplan muss nun überprüft werden. Verringerungen der negativen Umweltauswirkungen sind auch noch im Nachhinein möglich.“ So könnte die weit in den See hineinragende und durchgehende Beleuchtung laut Rottner deutlich verringert werden. Die derzeitige Beleuchtung stelle ein Problem für zahlreiche Zugvögel dar. Außerdem müssten zusätzliche Ausgleichsmaßnahmen diskutiert werden.

Wie der BN ausführt, liegt die Planung im Landschaftsschutzgebiet „Bayerisches Bodenseeufer” und grenzt direkt an das europäische Vogelschutzgebiet „Bayerischer Bodensee“, das Naturschutzgebiet „Reutiner Bucht” und das europäische Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Bayerisches Bodenseeufer”. Auf dem Gebiet standen teilweise über 100-jährige gesunde Eichen mit bis zu 1,20 m Durchmesser, so der Umweltverband. Die Baugenehmigung sei am Tag der Veröffentlichung des Bebauungsplans, dem 24. Februar 2018 um 6:45 Uhr, ausgehändigt worden. Bereits 20 Minuten später seien unter Polizeischutz die ersten alten Bäume gefällt worden.          ...

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