Nordamerikanische Schildkröten haben sich in baden-württembergischen Gewässern etabliert

Forschende warnen vor Gefahren für heimische Arten und Ökosysteme

In Baden-Württemberg pflanzen sich drei nordamerikanische Schildkrötenarten selbständig in Gewässern fort. Das hat ein Forschungsteam mit Melita Vamberger von den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden sowie Benno Tietz und Johannes Penner von der Universität Freiburg festgestellt. Damit wurden die Arten so weit im Norden wie nie zuvor nachgewiesen, teilte die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung mit. Die gepanzerten Reptilien hätten sich in ihrem neuen Lebensraum in Baden-Württemberg etabliert.

Bei den Schildkrötenarten handele es sich um Pseudemys concinna, Graptemys pseudogeographica and Trachemys scripta. In ihrer in der Fachzeitschrift „NeoBiota“ erschienene Studie weisen die Forschenden auf mögliche Gefahren hin, welche die invasiven Schildkröten für bedrohte heimische Arten und Ökosysteme darstellen können, schlagen Präventionsmöglichkeiten vor und fordern Untersuchungen zum konkreten Einfluss der nun heimisch gewordenen Arten.

Invasive Tierarten verursachen weltweit wirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe, macht die Senckenberg Gesellschaft deutlich. Sie seien zu einem großen Anteil mitverantwortlich für das fortschreitende globale Artensterben – und ihre Zahl wachse kontinuierlich. Auch exotische Reptilien gerieten in Deutschland regelmäßig in die Natur. Am häufigsten handele es sich dabei um Tiere, die von ihren Besitzer*innen ausgesetzt werden.

Die Wissenschaftler*innen untersuchten insgesamt knapp 200 Tiere verschiedenen Alters und führten genetische Analysen durch, hieß es weiter. „Überraschend ist, dass sich die invasiven Arten so weit im Norden etabliert haben“, sagte Benno Tietz, Erstautor der Studie. „Erfolgreiche Fortpflanzung und sich selbst erhaltende Populationen von Trachemys scripta waren in Europa bisher aus den Mittelmeerregionen und der kontinentalen Klimazone Sloweniens bekannt. Bis vor kurzem ist man davon ausgegangen, dass sich diese Schildkröten in Mitteleuropa insbesondere wegen des kühleren Klimas nicht fortpflanzen können. Gerade die Falsche Landkarten-Höckerschildkröte ist eigentlich eher kälteempfindlich.“

Für einheimische Arten wie die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis), die in vielen europäischen Ländern unter Schutz steht und in Deutschland nur noch in Teilen von Brandenburg zu finden ist, könnten die invasiven Artgenossen zum Problem werden, warnen die Forschenden. „Im Versuchsaufbau kam es bei Europäischen Sumpfschildkröten, die gemeinsam mit Trachemys scripta gehalten wurden, zu Gewichtsverlust und einer hohen Sterblichkeit“, berichtete Johannes Penner von der Universität Freiburg. „Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass die größeren gebietsfremden Arten die kleineren einheimischen von den Sonnenplätzen verdrängen, so dass letztere unter einer suboptimalen Thermoregulation leiden. Möglicherweise haben sie auch Vorteile beim Nahrungserwerb.“...

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