Steuerzahlerbund fordert Überprüfung aller Abwasserbescheide in NRW

Nach OVG-Urteil Rückerstattungen für alle Betroffenen verlangt

Der Bund der Steuerzahler hat alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen aufgefordert, zu prüfen, ob ihre Bürger in den vergangenen Jahren überhöhte Abwassergebühren zahlen mussten. In allen Fällen sollte es Rückerstattungen für jeden Betroffenen geben und nicht nur für diejenigen, die vorsorglich Widerspruch gegen ihren Bescheid eingelegt hätten, forderte der Landesvorsitzende des Steuerzahlerbunds, Rik Steinheuer, am Donnerstag in Düsseldorf. Andernfalls leide das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Verwaltung.

Das OVG hatte in einem Musterverfahren gegen die Stadt Oer-Erkenschwick festgestellt, dass die Abwassergebühren dort zu üppig kalkuliert worden seien (EUWID 21.2022). Dabei sei mit einem zu hohen Zinssatz gearbeitet und der Inflationsausgleich doppelt berechnet worden. Die Gebühren seien insgesamt um rund 18 Prozent überhöht gewesen. Aus der Gemeindeordnung NRW ergebe sich aber der Zweck der Gebührenkalkulation, durch die Abwassergebühren nicht mehr als die dauerhafte Betriebsfähigkeit der öffentlichen Einrichtung der Abwasserbeseitigung sicherzustellen: Die Gebühren dürften nur erhoben werden, soweit sie zur stetigen Erfüllung der Aufgaben der Abwasserbeseitigung erforderlich sind, stellte das OVG fest. Der gleichzeitige Ansatz einer Abschreibung des Anlagevermögens auf der Basis seines Wiederbeschaffungszeitwertes sowie einer kalkulatorischen Nominalverzinsung widerspreche diesem Kalkulationszweck, weil er einen doppelten Inflationsausgleich beinhaltet.

Landesweit hat das Urteil in den Kommunen für viele Fragezeichen gesorgt. Die Stadt Oer-Erkenschwick hat nach dem Urteil des OVG Beschwerde gegen die nicht zugelassene Revision eingelegt (EUWID 27.2022).

Bislang keine Rückzahlungen erfolgt

Bislang seien aus den Städten und Gemeinden keine Rückzahlungen erfolgt, sagte der Rechtsanwalt des Steuerzahlerbunds, Wilhelm Achelpöhler. Nicht einmal die Bürger aus Oer-Erkenschwick und diejenigen, die vorsorglich Widerspruch gegen ihren Bescheid eingelegt hätten, hätten bisher einen Cent erstattet bekommen. Aus diesem Grund strebe der Steuerzahlerbund nun an, über ein Normenkontrollverfahren vor dem OVG die Gültigkeit örtlicher Abwassergebührensatzungen anhand geeigneter Fälle überprüfen zu lassen.

„Wenig Freude und viel
Arbeit für die Kommunen“

Der Städte- und Gemeindebund NRW versicherte, die Kommunen hätten sich immer an die Rechtsprechung gehalten und würden dies auch weiterhin tun. „Dass das Gericht nun nach 28 Jahren seine Auffassung geändert und neue Kriterien für die Berechnung aufgestellt hat, bereitet den Kommunen wenig Freude und viel Arbeit“, stellte der Hauptgeschäftsführer des Landesverbands, Christof Sommer, fest. Aktuell würden die Kalkulationen überprüft und, soweit erforderlich,  angepasst.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) betonte, da gegen das Urteil Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt worden sei, könne erst nach Beendigung des Verfahrens rechtskräftig über Rückzahlungsansprüche entschieden werden. Der VKU begrüßte zudem die Ankündigung im schwarz-grünen Koalitionsvertrag, einen Rechtsrahmen zu schaffen, „um auch in Zukunft eine nachhaltige Abwasserwirtschaft finanzierbar zu gestalten“.

Steuerzahlerbund erwartet deutlich
geringere Abwassergebühren

Nach Angaben des Steuerzahlerbundes NRW sind die Abwassergebühren für einen Musterhaushalt mit vier Personen mit einem jährlichen Frischwasserverbrauch von 200 Kubikmetern in diesem Jahr im Landesdurchschnitt auf 742 Euro gestiegen. Das bedeute eine Zunahme von sechs Euro bzw. einem Prozent im Vergleich zum Jahr 2021. Es sei zu erwarten, dass die Abwassergebühren im nächsten Jahr aufgrund des OVG-Urteils deutlich sinken werden.

Wie schon in den Vorjahren weist auch der aktuelle Vergleich der Abwassergebühren in NRW eine große örtliche Spannbreite auf. (EUWID/dpa)          ...

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