UBA: Neue Trinkwasserverordnung setzt risikobasierten Trinkwasserschutz um

Novelle in Kraft: Austausch alter Bleileitungen, neue Parameter und niedrigere Grenzwerte

Die Novelle der Trinkwasserverordnung (TrinkwV), die wichtige europäische Vorgaben wie den risikobasierten Trinkwasserschutz in nationales Recht umsetzt, ist Ende Juni in Kraft getreten. Die neue Trinkwasserverordnung sichere die hohe Qualität des Trinkwassers, teilte das Umweltbundesamt (UBA) mit. Die Verordnung, welcher der Bundesrat im Frühjahr zugestimmt hatte, führt neben eine risikobasierten Trinkwasserschutz neue Parameter ein und legt niedrigere Grenzwerte für Schadstoffe wie Chrom, Arsen und Blei fest. Betreiber von Wasserversorgungsanlagen werden zudem verpflichtet, alte Bleileitungen stillzulegen oder auszutauschen.

Das ⁠Bundesgesundheitsministerium (BMG⁠) hatte die TrinkwV unter Mitarbeit des ⁠UBA⁠ umfassend neu strukturiert und neue europäische Regelungen zum Schutz des Trinkwassers umgesetzt. Mit der Verankerung eines risikobasierten Trinkwasserschutzes setzt die novellierte TrinkwV eine zentrale Vorgabe der EU-Trinkwasserrichtlinie um, so das UBA. Wasserversorger sind künftig verpflichtet, frühzeitig potenzielle Risiken und Gefahren für die Wasserversorgung zu erkennen und angemessen darauf reagieren zu können. Die neue Strategie basiere auf einer Risikoabschätzung der gesamten Wasserversorgungskette von der Wassergewinnung und -aufbereitung über die Speicherung und Verteilung bis hin zur Trinkwasserentnahme und ist auf Prävention ausgerichtet.

Chemische Überwachung
auf PFAS ausgeweitet

Mit der neuen TrinkwV wird die chemische Überwachung des Trinkwassers neben den Stoffen Bisphenol A, Chlorat, Chlorit, Halogenessigsäuren (HAA-5) und Microcystin-LR – einem Toxin von ⁠Cyanobakterien⁠ – auch auf die Industriechemikaliengruppe der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (⁠PFAS⁠) ausgeweitet, von denen einige bis in das Trinkwasser vordringen. Dabei handelt es sich um eine Gruppe von mehreren tausend äußerst stabilen Verbindungen, die unter anderem für die Herstellung von Kosmetika, Kochgeschirr oder Textilien verwendet werden. Stoffe aus der PFAS-Gruppe bauen sich dem UBA zufolge nur schwer ab, reichern sich in der Umwelt und im Körper von Menschen und Tieren an und können zu gesundheitlichen Schäden führen. Gemeinsam mit anderen europäischen Behörden fordert das UBA eine EU-weite Beschränkung von PFAS.

Grenzwert für PFAS in
zwei Stufen eingeführt

Der neue Grenzwert für PFAS wird in zwei Stufen eingeführt. Ab dem 12. Januar 2026 gelten 0,1 Mikrogramm pro Liter (µg/L) als Summengrenzwert für eine Gruppe von 20 trinkwasserrelevanten PFAS-Substanzen. Für vier spezielle Substanzen aus der PFAS-Gruppe - PFHxS, ⁠PFOS⁠, ⁠PFOA⁠, PFNA - sieht die TrinkwV ab 2028 zusätzlich einen Grenzwert von 0,02 µg/L für die Summe aus diesen Verbindungen fest.

Künftig müssen alte Bleileitungen grundsätzlich bis zum 12. Januar 2026 ausgetauscht oder stillgelegt werden. Das Schwermetall Blei sei auch in sehr niedrigen Aufnahmemengen gesundheitsgefährdend. Der niedrige Grenzwert von maximal 10 µg/L könne von Trinkwasser, das durch Bleirohre fließt, in der Regel nicht eingehalten werden. In Deutschland sind Wasserleitungen aus Blei dem Umweltbundesamt zufolge kaum noch ein Problem. Darüber hinaus senkt die TrinkwV die bestehenden Grenzwerte für die Schwermetalle Chrom, Arsen und Blei zeitlich versetzt ab.   

TZW: Analytischer Aufwand
wird zunehmen

Nach Einschätzung des TZW: DVGW - Technologiezentrum Wasser wird der Aufwand für die analytische Überwachung des Trinkwassers aufgrund der neuen Vorgaben zukünftig zunehmen. Die meisten der neuen und veränderten Grenzwerte ließen keine großen Probleme für die Wasserversorgung in Deutschland erwarten. Für die Parameter PFAS, Arsen und teilweise Microcystin-LR seien aber Folgen zu erwarten.

Aktuellen Untersuchungen zufolge seien circa vier Prozent des Trinkwassers in Deutschland mit höheren PFAS-Konzentrationen belastet als die neuen Grenzwerte zulassen, so das TZW. Auch bei Arsen weise das Rohwasser – vorwiegend geogen bedingt – in einigen Regionen Deutschlands Konzentrationen auf, die den abgesenkten Grenzwert überschreiten. Microcystin-LR könne vor allem in Talsperren zu Zeiten der Algenblüte problematisch werden. Für diese Parameter könnten daher Änderungen in der Wasserversorgung nötig werden, um durch ein geändertes Rohwassermanagement oder die Ertüchtigung der Aufbereitung die Einhaltung der neuen Grenzwerte zu gewährleisten.         

Aktivkohlefilteranlagen zur PFAS-Entfernung häufiger mit neuem Adsorptionsmaterial zu befüllen

Konkret müssen dem TZW zufolge bestehende Aktivkohlefilteranlagen, die zur PFAS-Entfernung genutzt werden, deutlich häufiger mit neuem Adsorptionsmaterial befüllt werden müssen, da die Aktivkohle hinsichtlich der Grenzwerteinhaltung früher als erschöpft zu bewerten ist. Der optimale bzw. wirtschaftlichste Zeitpunkt für den Aktivkohlewechsel sollte hierbei durch eine umfangreichere analytische Filterüberwachung ermittelt werden. Zudem bietet die bestehende Aufbereitungstechnik wie beispielsweise die Anzahl der Aktivkohlefilter oder Möglichkeiten zur Verschneidung mit unbelastetem Wasser das Potenzial, die Aktivkohlelaufzeit zu verlängern und somit betriebliche Kosten für das Aufbereitungsmaterial einzusparen.

PFAS werden bei der Enthärtung mittels Umkehrosmose oder Nanofiltration durch die Membranfiltration wirkungsvoll zurückgehalten, so das TZW. Durch die Einführung der sehr niedrigen PFAS-Grenzwerte könne es zukünftig erforderlich sein, den Bypass um die Enthärtungsanlage zusätzlich einer Aufbereitung zur PFAS-Entfernung zu unterziehen.

Neue Aufbereitungsanlagen
zur Arsenentfernung benötigt

Für die Trinkwasseraufbereitung in den Wasserwerken ist laut TZW auch der von 10 µg/L auf 4 µg/L verringerte Grenzwert für Arsen von hoher Relevanz: Durch die Verringerung des Arsengrenzwertes werde nach ersten statistischen Auswertungen von Trinkwasserkonzentrationen eine Vielzahl von neue Aufbereitungsanlagen zur Arsenentfernung benötigt. In den meisten Fällen würden dabei Anlagen zur gezielten Arsenentfernung wie Adsorptions- oder Flockungsanlagen umgesetzt werden. Die Wahl der wirtschaftlichsten Verfahrenstechnik sollte anhand von Faktoren wie Ausgangsbelastung, Entsorgungsmöglichkeiten der anfallenden Reststoffe oder Kapazitäten des Betriebspersonals getroffen werden, so das Technologiezentrum. Ferner empfehle sich die Prüfung, ob Arsen durch die bestehende Aufbereitungstechnik mit anderen Aufbereitungszwecken, unter Umständen durch Anpassung der Betriebsbedingungen, ausreichend entfernt werden kann.

Im Hinblick auf das Risikomanagement, das  für alle zentralen Wasserversorgungsanlagen mit einer Kapazität von über 100 m³/d erstmalig bis Anfang 2029 zu erstellen ist, seien Betreiber gut beraten, frühzeitig mit der Projektplanung zu beginnen, um einen reibungslosen Ablauf des Risikomanagements und dessen fristgerechte Umsetzung zu gewährleisten, so das TZW. Dabei sei es auch wichtig, dass sich Betreiber und Behörden frühzeitig abstimmen.

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