BfG: Schwebstoffkonzentrationen in den Bundeswasserstraßen gehen stark zurück

Retentionsflächen für den Hochwasserschutz halten Schwebstoffe zurück

Der Schwebstoffanteil in den Bundeswasserstraßen hat stark abgenommen – das konnte ein Forscherteam der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) durch eine Studie belegen, wie die BfG Ende Mai mitteilte. Schwebstoffe sind ein wesentlicher Bestandteil von Fließgewässern; sind sie jedoch in erhöhten Konzentrationen vorhanden, kann sich das negativ auf die Ökologie eines Flusses auswirken, erläutert die BfG. Die Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden in der Fachzeitschrift Earth Surface Dynamics.

Das Team konnte den Angaben zufolge zeigen, dass an der großen Mehrheit der Schwebstoffmessstellen entlang der Bundeswasserstraßen die Konzentrationen bis zu 50 Prozent zwischen 1990 und 2010 signifikant abgenommen haben. Für den Rhein bedeute das zum Beispiel, dass sich die Schwebstofffracht an der Deutsch-Niederländischen Grenze der Marke von einer Million Tonnen pro Jahr nähert – eine Menge, die geschätzt zuletzt vor circa 4.000 Jahren, also vor Beginn der Bronzezeit, transportiert worden sei. Die Bronzezeit war durch die großflächige Ausdehnung der Landwirtschaft in Europa geprägt, die zu einem massiven Anstieg des Eintrags von Schwebstoffen in die Gewässer führte, so die Forschenden.

Rückgang begann nach dem
Bau der meisten Stauhaltungen

Erste Annahmen, dass insbesondere Stauhaltungen in den Flüssen die Schwebstoffe zurückhalten und so zum Rückgang der Konzentrationen geführt haben, habe eine Analyse der Daten nicht bestätigen können. „Unsere Auswertungen zeigen, dass die Schwebstoffkonzentrationen zwischen 1980 und 1990 konstant blieben. Der Rückgang begann erst in den 1990er Jahren, also mehr als 20 Jahre nachdem die meisten Stauhaltungen gebaut wurden“, erklärt Dr. Thomas Hoffmann, Hauptautor der Studie. Daher vermuteten der BfG-Wissenschaftler und seine Co-Autoren, dass die Abnahme vielmehr mit dem Management in den Einzugsgebieten und an den Nebenflüssen zu tun hat. Insbesondere die zahlreichen Retentionsflächen, die zum Hochwasserschutz in den Einzugsgebieten der Bundeswasserstraßen gebaut wurden, hätten die Eigenschaft, Schwebstoffe zurückzuhalten.

Jahrzehntelange Zeitreihen
stehen zur Verfügung

Die BfG-Forscherinnen und Forscher werteten den Angabe zufolge Schwebstoffmessungen von insgesamt 440.000 Wasserproben an 62 Messstellen entlang der Bundeswasserstraßen aus – darunter die für die Schifffahrt wichtigen Flüsse Rhein, Elbe und Donau. Die Messstellen sind Teil des Schwebstoffdauermessnetzes, das von der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) zusammen mit der BfG seit 1963 betrieben wird.

Abtragung von Ackerflächen
bei Starkregen

Schwebstoffe gelangen vor allem durch den Eintrag erodierter Böden in die Fließgewässer. Sie bestehen überwiegend aus feinen Partikeln wie Schluff und Ton und werden bei Starkniederschlagsereignissen vor allem auf intensiv genutzten Ackerflächen abgetragen und durch ihr geringes Gewicht und die Strömung in Schwebe gehalten, erläutert die BfG.

In den meisten Fällen verbessert
sich die Wasserqualität

Auf die Tier- und Pflanzenwelt in und an den Flüssen wirke sich der Rückgang an feinen Schwebstoffpartikeln im Wasser positiv aus. Die Abnahme der Schwebstoffkonzentrationen führe zu einer geringeren Verschlämmung des Flussbettes und damit zu verbesserten Laichbedingungen für Fische, die von einem sandigen und kiesigen Flussbett profitieren, erklärte Hoffmann. Zudem verbessere sich in den meisten Fällen auch die Wasserqualität, wenn die Schwebstoffe zurückgehen.

Unterhalb des Meeresspiegels
gelegene Regionen auf
Schwebstoffe angewiesen

Regionen, die, wie zum Beispiel große Teile der Niederlande, unterhalb des Meeresspiegels liegen, seien allerdings auf diese Schwebstoffe angewiesen. „Der fortschreitende Klimawandel bedingt steigende Meeresspiegel. Da ein Großteil der Niederlande schon heute einige Meter darunter liegt, sind Schwebstoffe, die der Rhein in das niederländische Rhein-Delta transportiert, wichtig. Diese lagern sich in den Flussauen ab und können zu einer Erhöhung der Landoberfläche führen und somit dem Meeresspiegelanstieg entgegenwirken“, so Hoffmann weiter. Die Schwebstoffe seien ein wichtiger Bestandteil, müssten aber natürlich auch erstmal an die richtige Stelle gelangen, was durch den Hochwasserschutz im Rhein-Delta oftmals nicht möglich sei.

Forschungsprojekt zu Gründen für Rückgang der Schwebstoffe geplant

Um die Gründe für den signifikanten Rückgang der Schwebstoffkonzentrationen und -frachten genauer untersuchen zu können, planen die BfG-Wissenschaftler*innen laut BfG derzeit ein Forschungsprojekt. Sie wollen unter anderem herausfinden, wo genau der Rückhalt der Sedimente stattfindet. Modellgebiet solle dabei der Main und sein Einzugsgebiet sein.

Die wissenschaftliche Veröffentlichung „Pristine levels of suspended sediment in large German river channels during the Anthropocene?“ finden Sie hier: link.euwid.de/r9sgv

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