Bayern setzt auf überregional angelegtes Verteilnetz für Wasser

Grüne für zentrales Wasserentnahmekataster

Ein überregional angelegtes Verteilnetz soll Bayern vom Bodensee ausgehend in Zukunft mit dem immer knapper werdenden Gut Wasser versorgen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) riefen am Mittwoch nach einem runden Tisch zum Wassermangel mit Experten, Behörden und Kommunen in München auch zu einem sparsameren Umgang mit der Ressource auf. Die Umweltverbände waren zu dem Treffen nicht eingeladen – Söder sagte aber zu, dass die Umweltverbände in den jetzt einzurichtenden Arbeitsgruppen zur Wasserstrategie des Freistaats stärker beteiligt werden sollten. Glauber nannte Wasser wegen der sich verschärfenden Wasserknappheit das „blaue Gold“, Söder bezeichnete es als Rohstoff, wertvoller als Öl.

Die Arbeitsgruppen würden sich mit den des Speicherns von Wasser, dem Wassersparen und dem Wasserschutz befassen, sagte Glauber. „Das Ziel muss sein, einen effizienteren Umgang mit Wasser zu haben. Nicht einfach gedankenlos mit Wasser umzugehen, sondern dies eben bewusst zu nutzen und natürlich auch Friede ums Wasser zu haben“, sagte Söder. Es gebe grundlegende Konfliktlinien zwischen den wirtschaftlichen Nutzern und regionale Verteilungskämpfe. „Und da braucht es einen wirklich klugen, ausbalancierten Mix an Ideen.“ Dazu gehöre unter anderem ein Verbot für jegliche Privatisierung von Wasser. In der Landwirtschaft sei ein effizienterer Einsatz bei der Bewässerung nötig und ein besseres System, um Wasser zu speichern.

Konkret kündigte Söder zudem erneut für das kommende Jahr die Einführung des sogenannten Wassercents an. Diese Abgabe für die Entnahme von Grundwasser sollte eigentlich bereits in der laufenden Legislaturperiode eingeführt werden, war dann aber von der Regierung immer wieder verschoben worden, da ihrer Meinung nach die Bevölkerung und die Wirtschaft nicht durch zusätzliche Kosten belastet werden sollten . Wie der Wassercent konkret ausgestaltet werden soll, blieb aber erneut offen.

„Wasserspange“ als zweites
Standbein der Versorgung

Um insbesondere die Regionen besser mit Wasser zu versorgen, soll als zweites Standbein der Wasserversorgung - Bayern sei mit 3.700 Gewinnungsanlagen eigentlich gut aufgestellt - eine „Wasserspange“ entstehen, eine überregionale Fernwasserversorgung. Sie soll ausgehend vom Bodensee über die fränkischen Regierungsbezirke bis nach Niederbayern unter Einbeziehung der Trinkwassertalsperren Mauthaus in Oberfranken und Frauenau in Niederbayern führen. Ziel sei es, dadurch die öffentliche Wasserversorgung vor Ort weiter zu stärken, so Glauber. Im Hinblick auf den Bodensee sei Bayern im Gespräch mit Baden-Württemberg; dabei sei es etwa denkbar, einen Teil der bereits bestehenden baden-württembergischen Infrastruktur gegen Entgelt mit zu benutzen.  

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) betonte, dass die Landwirtschaft trotz allem weiter die Ernährung der Menschen sicherstellen müsse. Der Anbau von einem Kilogramm Weizen in Deutschland benötige zudem etwa 60 Prozent weniger Wasser als im weltweiten Vergleich. Die Erfahrung aus den jüngsten Krisen habe gezeigt, dass diese Lebensmittelversorgung und die Ernährungssouveränität geschützt werden müssten.

Mit Blick auf Forderungen nach mehr Wasserschutzgebieten erklärte Glauber, dass Wasserschutzgebiete, die sich in der Umsetzung befänden, aktuell schneller umgesetzt werden müssten. Es werde geprüft, inwieweit die Verfahren beschleunigt werden können. Die in Bayern ausgewiesenen Wasserschutzgebiete machten derzeit zwar nur rund fünf Prozent der Landesfläche aus, der Wasserschutz werde dort aber – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – sehr streng gehandhabt.

Grüne fordern „Turbo-Ausweisung“
von Wasserschutzgebieten

„Das war kein Runder Tisch, sondern allenfalls eine PR-Show von CSU und Freien Wählern. Wie soll es echte Fortschritte geben, wenn nicht einmal Umweltverbände eingeladen sind“, sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Seit mehr als zehn Jahren tue die Staatsregierung nichts Konkretes, um das Wasser endlich richtig zu schützen. Notwendig seien jetzt die sofortige Einführung des Wassercents, eine „Turbo-Ausweisung“ von Wasserschutzgebieten sowie ein zentrales Wasserentnahmekataster.

Im Hinblick auf die Wasserschutzgebiete liefen seit Jahren knapp 400 Verfahren, die schon längst hätten abgeschlossen sein können. Die Grünen forderten deshalb ein Fünf-Jahres-Ziel für eine Erweiterung auf mehr als die doppelte Fläche. Aktuell seien in Bayern nur fünf Prozent der Landesfläche Wasserschutzgebiet - das sei viel zu wenig. Andere Länder wie Baden-Württemberg oder Hessen hätten bis zu 20 Prozent ihrer Landesfläche für den Schutz des Wassers ausgewiesen.

Absoluten Vorrang müsse die die örtliche und dezentrale Trinkwasserversorgung haben, erklärte Hartmann. Bayern müsse insofern alle Kommunen bei der Sicherung heimischer Brunnen unterstützen, anstatt „Milliarden Euro in Fernwasserprojekten zu versenken“. Es sei ein zu bewahrendes hohes Gut, dass die Menschen über regionale Brunnen mit Trinkwasser versorgten werden könnten. Durch die Fülle an Brunnen im Land sei Bayern resilienter, auch wenn das Trinkwasser in einzelnen Regionen knapp wird. Auch koste es alle weniger, die regionale Trinkwasserversorgung aufrechtzuerhalten und das Wasser überall im Land vor Verschmutzung zu schützen. Zudem gelte es, ein zentrales Wasserentnahmekataster errichten. Hartmann kritisierte, dass die Staatsregierung bis heute nicht wisse, wie viel Grundwasser in Bayern überhaupt verbraucht wird – weil sie kein digitales Wasserbuch führt.

BN: Wasser muss in der
Fläche gehalten werden

„Technische Lösungen, wie sie der runde Tisch heute diskutiert hat, sind sicherlich sinnvoll, aber nur die halbe Miete. Das Wasser muss auch unter natürlichen Bedingungen in der Fläche gehalten werden“, sagte Martin Geilhufe, Landesbeauftragter des Bundes Naturschutz. Es sei gut, dass die Staatsregierung die Wichtigkeit des Themas Wasserknappheit erkannt habe. „Wir hoffen auf eine ernsthafte Bearbeitung mit allen relevanten Akteuren.“ (EUWID/dpa) 

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