Gesetz zur Wiederherstellung der Natur findet im Umweltausschuss des EU-Parlaments keine Mehrheit

Nachdem der Umweltrat der Europäischen Union eine Einigung über das von der Kommission vorgeschlagene Gesetz zur Wiederherstellung der Natur erzielt hat, droht das Gesetz nun zu scheitern: Im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments kam keine Mehrheit für das Projekt zusammen. Die Mitgliedstaaten sollten nach dem Entwurf Wiederherstellungsmaßnahmen ergreifen, um bis 2030 mindestens 30 Prozent der Lebensräume in Land-, Küsten-, Süßwasser- und Meeresökosystemen, die sich nicht in einem guten Zustand befinden, wieder in einen guten Zustand zu bringen.  

Genau die Hälfte der 88 Ausschussmitglieder sprach sich für, die andere Hälfte gegen das Vorhaben aus, wie das Parlament mitteilte. Nun wird voraussichtlich im Juli im Plenum des EU-Parlaments über das Vorhaben abgestimmt. Sollte es auch dort keine Mehrheit geben, könnte der Gesetzesvorschlag länger auf Eis liegen. Vor allem die Christdemokraten laufen Sturm gegen das Vorhaben, das die Bedürfnisse von Bauern ihrer Ansicht nach zu wenig berücksichtigt. Aber auch die rechtsnationale ID-Fraktion, der etwa die AfD angehört, Konservative und Teile der Liberalen sind gegen das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur. Zahlreiche Wissenschaftler, Umweltverbände, Großunternehmen und selbst einige Bauernverbände sprechen sich wie etwa Grüne und Sozialdemokraten hingegen für das Gesetz aus.

Nach der jetzt abgelehnten - vom Umweltministerrat geänderten - Fassung sollten die zu ergreifenden Maßnahmen für mindestens 30 Prozent der Gesamtfläche der Lebensraumtypen gelten, die sich nicht in gutem Zustand befinden, und nicht, wie ursprünglich von der Kommission vorgeschlagen, jeweils für die einzelnen Lebensraumgruppen. Die Mitgliedstaaten sollen aber bis 2040 Wiederherstellungsmaßnahmen für mindestens 60 Prozent und bis 2050 für mindestens 90 Prozent der Fläche jeder Lebensraumgruppe, die sich nicht in gutem Zustand befindet, festlegen.

Umweltrat: Einmal wiederhergestellte Durchgängigkeit von Flüssen soll erhalten werden

Der Rat fügte eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten hinzu, dafür zu sorgen, dass die Durchgängigkeit Flüssen erhalten bleibt, wenn sie wiederhergestellt wurde. Grundsätzlich müssten sich der im Rat erzielten Einigung zufolge die Mitgliedstaaten bei Lebensräumen, die Gegenstand von Wiederherstellungsmaßnahmen sind, dafür einsetzen, dass es nicht zu einer erheblichen Verschlechterung kommt. In Gebieten, die sich bereits in einem guten Zustand befinden oder in denen noch keine Wiederherstellungsmaßnahmen durchgeführt werden, insbesondere außerhalb des Natura-2000-Schutzgebietsnetzes, sollten sie sich bemühen, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine erhebliche Verschlechterung zu verhindern. Dies würde eine ergebnisorientierte Verpflichtung für die ersteren und eine aufwandsorientierte Verpflichtung für die letzteren bedeuten.

Mangel an Daten über Zustand einiger Lebensräume

Quantitative Wiederherstellungsmaßnahmen sollten nur für Gebiete gelten, deren Zustand bekannt ist, denn die Mitgliedstaaten stimmen den Angaben zufolge darin überein, dass es an Daten über den Zustand einiger Lebensräume mangelt und es daher schwierig ist, ihre Verbesserung zu quantifizieren.

Für die ökosystemspezifische Verpflichtungen des Kommissionsvorschlags hat der Rat verschiedene Flexibilitäten vorgesehen. So hat der Rat die Zielvorgaben für die Wiedervernässung von Torfgebieten herabgesetzt, da einige Mitgliedstaaten von diesen Verpflichtungen unverhältnismäßig stark betroffen seien: 30 Prozent der entwässerten, landwirtschaftlich genutzten Moore sollten bis 2030 und 50 Prozent bis 2050 wiederhergestellt werden, wobei Mitgliedstaaten, die stark betroffen sind, die Möglichkeit haben sollen, einen niedrigeren Prozentsatz anzuwenden.

Für städtische Ökosysteme hatte der Rat die quantitativen Ziele durch die Verpflichtung der Mitgliedstaaten ersetzt, eine steigende Tendenz bei den städtischen Grünflächen zu erreichen, bis ein zufriedenstellendes Niveau erreicht ist. Der Rat behielt die Vorgabe bei, dass bis zum Jahr 2030 kein Nettoverlust an städtischen Grünflächen und städtischen Baumkronen im Vergleich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung eintreten darf, es sei denn, die städtischen Ökosysteme weisen bereits mehr als 45 Prozent Grünflächen auf.

„Solide Grundlage für die Verhandlungen mit dem Parlament“

Die schwedische Umweltministerin Romina Pourmokhtari (Liberale) hatte erklärt, die Einigung sei eine solide Grundlage für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament, und auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte sich zufrieden gezeigt. „Mit der ambitionierten Verordnung der EU-Kommission zur Wiederherstellung der Natur können wir heute die Weichen neu stellen: damit unsere Gewässer sauber und unsere Wälder gesund werden und damit Landschaften und Biotope die Chance erhalten, sich wieder zu erholen“, sagte Lemke nach dem Beschluss des Umweltministerrats. Nun bezeichnete es die Bundesumweltministerin als enttäuschend, dass der Ausschuss dem Gesetz nicht zugestimmt habe. In ganz Europa sei zu sehen und zu spüren, wie sehr Natur und damit die Menschen bereits unter den Folgen der Klimakrise litten, sagte die Grünen-Politikerin. Den Christdemokraten warf sie Blockadepolitik vor.

Mit Blick auf die Abstimmung im Plenum forderte die Grünen-Europaabgeordnete Jutta Paulus: „Alle Europaabgeordneten, die für den Schutz vor Dürren, Bränden und Flutkatastrophen sowie für die langfristige Ernährungssicherheit einstehen, müssen das EU-Gesetz zur Rettung der Natur unterstützen“. Ihre CDU-Amtskollegin Christine Schneider betonte hingegen, der Vorschlag werde zu weniger land- und forstwirtschaftlichen Flächen führen „und damit unsere Ernährungssicherheit gefährden“. (EUWID/dpa)

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