OVG Sachsen: Kleineinleitung wird allein durch Art und Menge des eingeleiteten Abwassers bestimmt

Pauschalierung auch für Einleitung unmittelbar durch Abwasserverband anzuwenden

Eine Kleineinleitung wird nach dem Abwasserabgabengesetz (AbwAG) allein durch die Art und die Menge des eingeleiteten Abwassers bestimmt. Die Vorschrift des Abwasserabgabengesetzes über die Pauschalierung bei Kleineinleitungen von Schmutzwasser sei auch anwendbar, wenn die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft unmittelbarer Einleiter ist, heißt es in einem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Aktenzeichen 5 A 270/20 vom 24.05.2023). In dem behandelten Fall treffe dies für die Einleitung von Schmutzwasser über eine Teilortkanalisation in den Vorfluter zu. Es sei nicht erforderlich, dass die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft ausschließlich an Stelle von privaten Einleitern abgabepflichtig ist.

In dem behandelten Fall wandte sich der klagende Zweckverband Kommunale Wasserversorgung/Abwasserentsorgung Mittleres Erzgebirgsvorland gegen eine Abwasserabgabenfestsetzung des Freistaats Sachsen für das Veranlagungsjahr 2006 für bestimmte Einleitstellen. In der betroffenen Gemeinde hält der Verband Rohrleitungsanlagen vor, die zum einen der Niederschlagsentwässerung dienen; zum anderen werden dort die Überläufe des von den Einwohnern vorbehandelten häuslichen Schmutzwassers eingeleitet, so das OVG zum Sachverhalt.

Mit Abwasserabgabenbescheid des damaligen Regierungspräsidiums Chemnitz wurde Anfang 2008 für die Einleitstellen für das Veranlagungsjahr 2006 eine Abwasserabgabe in Höhe von 1.431,60 Euro festgesetzt. Die Klage dagegen wies das Verwaltungsgericht Chemnitz (Urteil 2 K 2641/14 vom 5.12.2014) mit der Begründung ab, abwasserabgabenrechtlich handle es sich nicht um Kleineinleitungen im Sinne des § 8 AbwAG. Zwingende Voraussetzung für die Anwendung der Pauschalierungsregelung des § 8 Abs. 1 AbwAG sei die Abgabepflicht an Stelle von Einleitern nach § 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG. Der Kläger sei jedoch selbst Einleiter.  

Aus der Formulierung in § 8 Abs. 1 Satz 1 AbwAG „nicht an die Kanalisation angeschlossen“ folge als weitere Voraussetzung für die Annahme einer Kleineinleitung, dass die Abwassereinleitung in das Gewässer nicht durch ein öffentliches Netz erfolge, argumentierte das Verwaltungsgericht weiter. Der der gesetzlichen Regelung zugrundeliegende typische Fall stelle sich so dar, dass Abwasser aus einer privaten Kleinkläranlage direkt in ein Gewässer verbracht wird. Für diese Fälle habe der Gesetzgeber die Pauschalierung für kleine Schmutzwassereinleitungen aus vollzugspraktischen Gründen vorgesehen. Um solche Fälle gehe es hier aber nicht.

OVG: Es handelt sich um zum Teil abgabefreie Kleineinleitungen

Nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist die dagegen gerichtete Berufung zum Teil begründet. Der Festsetzungsbescheid und der Widerspruchsbescheid seien aufzuheben, als die dort in Höhe von 1.431,60 Euro festgesetzte Abwasserabgabe den Betrag von 1.073,70 Euro übersteigt, heißt es in dem Urteil. Entgegen der Rechtsauffassung des Freistaats handle es sich bei den hier in Rede stehenden drei Schmutzwassereinleitungen des Verbandes um Kleineinleitungen, die zum Teil gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 AbwAG abgabefrei sind, stellt das OVG fest.

Körperschaft muss nicht ausschließlich an Stelle von privaten Einleitern abgabepflichtig sein

Der Umstand, dass die Einleitungen über Rohrleitungen erfolgen, die Teil des öffentlichen Leitungsnetzes des Verbandes sind, und der Verband in seiner Funktion als Aufgabenträger der öffentlichen Abwasserbeseitigung selbst Einleiter ist, stehe dem nicht entgegen. Denn eine Kleineinleitung werde nach dem AbwAG allein durch die Art – Schmutzwasser aus Haushaltungen und ähnliches Schmutzwasser – und die Menge - weniger als acht Kubikmeter je Tag - des eingeleiteten Abwassers bestimmt, erläutert das OVG.

Für die Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 1 AbwAG sei es deshalb nicht erforderlich, dass die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft ausschließlich an Stelle von privaten Einleitern abgabepflichtig ist. Die Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 1 AbwAG sei vielmehr auch anzuwenden, wenn die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft unmittelbarer Einleiter ist.

Abwasserabgabengesetz zielt auf Menge ab, nicht auf Person

Dafür spreche bereits der Wortlaut: Das Abwasserabgabengesetz verwende nicht den auf die Person des Einleitenden abstellenden Begriff des Kleineinleiters, sondern den auf die Art des Schmutzwassers und die Menge abstellenden Begriff der Kleineinleitungen. Da es also um Kleineinleitungen und nicht um Kleineinleiter gehe, sei der Begriff offen dafür, dass auch der Kläger als abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft und Betreiber von Großkläranlagen hinsichtlich einzelner Einleitungen Kleineinleiter sein könne.

Der § 8 Abs. 1 Satz 1 AbwAG knüpfe an Abwasser an, für das eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nach § 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG abgabepflichtig ist, und nicht daran, dass die öffentlich-rechtliche Körperschaft an Stelle von privaten Kleineinleitern abgabepflichtig ist. Abgabepflichtig nach § 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG ist die abwasserbeseitigungspflichtige Körperschaft für Schmutzwassereinleitungen, bei denen es sich von ihrer Art her um solche aus Haushaltungen und ähnliches Schmutzwasser handelt und von der Menge her um weniger als acht Kubikmeter je Tag, betont das Oberverwaltungsgericht.

Bei der in § 8 Abs. 1 Satz 1 AbwAG erfolgenden Verweisung auf § 9 Abs. 2 Satz 2 AbwAG handle es sich damit um eine Verweisung auf die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm und nicht auf die Rechtsfolge des Übergangs der Abgabepflichtigkeit vom unmittelbaren Einleiter auf die abwasserbeseitigungspflichtige öffentlich-rechtliche Körperschaft. Daraus folgt laut OVG, dass immer dann eine Kleineinleitung im Sinne des AbwAG vorliegt, wenn es sich - von der Art her - um Schmutzwasser aus Haushaltungen und ähnliches Schmutzwasser und - von der Menge her - um weniger als acht Kubikmeter je Tag handelt.

Das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts finden Sie hier: link.euwid.de/tfkfw

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