VG Schleswig-Holstein: Bund muss sich an Kosten für Sanierung an der Schlei beteiligen

Zukünftige Schäden und Verschlechterungen sind zu verhindern

Der Bund muss einen Anteil der Kosten für die Sanierung im Bereich Wikingeck und Schlei in Schleswig tragen. Das geht aus einem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts hervor (Aktenzeichen 6 B 20/23 vom 15.2.2024), mit dem das Gericht einen Bescheid des Kreises Schleswig-Flensburg bestätigt hat. Damit ist die Bundesrepublik zur sofort vollziehbaren Zahlung eines weiteren vorläufigen Kostenanteils der Sanierung im Bereich Callisenstraße/Wikingeck in Höhe von 8,879 Millionen Euro verpflichtet worden, wie das Gericht bekanntgab.

Der Kreis begründete seinen Bescheid im Wesentlichen mit der Eigentümerstellung des Bundes an der Schlei und deren anteiligen Ufergrundstücken als bisherige Reichswasserstraße nach Art. 89 Abs. 1 GG, so das Gericht. Diese stelle 64,25 Fläche der zu sanierenden Fläche dar, was nach gegenwärtiger Kostenprognose einer Kostentragungspflicht aus eigenem Eigentum in Höhe von circa 15,697 Millionen Euro entspreche. Auch lägen die Voraussetzungen für eine Ersatzvornahme auf Kosten des Bundes im Sofortvollzug vor. Die sich weiter ausbreitenden Kontaminationen seien eine gegenwärtige Gefahr, die nicht anders abgewehrt werden könne.

Bund sieht sich nicht als Eigentümer
der betroffenen Grundstücke

Der Bund bestritt die Vorauszahlungspflicht in seinem Widerspruch und ersuchte gegen die sofortige Vollziehbarkeit um einstweiligen Rechtsschutz. Er habe kein Eigentum an den betroffenen Grundstücken. Es fehle zudem die Gegenwärtigkeit der Gefahr, denn bereits seit 1990 lägen Gutachten zur Verunreinigung der Schlei um des Wikingeck vor. Zudem sei die Stadt als ehemalige Betreiberin des Gaswerkes vorrangig heranzuziehen.

Gericht: Gegenwärtigkeit der Gefahr
entfällt nicht, weil die Umstände
seit Jahrzehnten bekannt sind

Das Verwaltungsgericht bestätigte die Rechtsansichten des Kreises. Die Gegenwärtigkeit der Gefahr entfalle nicht, weil die Umstände seit Jahrzehnten bekannt seien, denn Sinn und Zweck sei gerade, zukünftigen Schadenseintritt bzw. Verschlechterungen zu verhindern, führt das Gericht aus. Das Vorgehen im Wege des Sofortvollzugs sei hier bereits deshalb geboten, weil zwischen den Beteiligten Einigkeit über Sanierungsbedarf und -vorgehen bestehe. Dem Bund brächte ein Vorgehen im gestreckten Verfahren mit dem Erlass eines anfechtbaren Grundverwaltungsaktes des Inhalts, die Schlei selbst zu sanieren, rechtlich keinen Vorteil, weil er mit der Sanierung einverstanden sei und diese durch den Kreis im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt wissen wolle.

Bundesrepublik als Eigentümerin
auch Pflichtige im Sinne des
Bundesbodenschutzgesetzes

Nach der summarischen Prüfung sei die Bundesrepublik als Grundstückseigentümerin auch Pflichtige im Sinne des Bundesbodenschutzgesetzes (BBodSchG), da sie als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches mit Inkrafttreten des Grundgesetzes Eigentümerin all jener Grundstücke sei, die im Jahr 1921 von der Schlei bis zur Mittelwasserlinie bedeckt gewesen seien. Hiervon sei die betroffene Sanierungsfläche nicht ausgenommen.

Die Auswahl der Antragstellerin als Pflichtige ist dem Beschluss zufolge frei von Ermessensfehlern. Der Kreises Schleswig-Flensburg habe sich zulässigerweise von Effektivitätserwägungen leiten lassen. Auch sei die Stadt Schleswig als Betreiber des ehemaligen Gaswerks nicht vorranging heranzuziehen, denn die Sanierungsfläche und die Altlasten befänden sich ausschließlich auf dem Gebiet der ehemaligen Dachpappen- und Asphaltfabrik. Der Antragsgegner könne der Antragstellerin auch auferlegen, die Kosten in der vorläufig veranschlagten Höhe vorauszuzahlen.

Sanierung im August 2023 gestartet

Bei dem Standort handelt es sich dem Kreis zufolge um die Flächen einer ehemaligen Teerpappenfabrik und eines ehemaligen Gaswerks in Schleswig unmittelbar am Ufer der Schlei. Sanierungsrelevante Kontaminationen der Schleisedimente und des Bodens in größerer Ausdehnung sowie hohe Kontaminationen des oberflächennahen Grundwasserleiters liegen den Angaben zufolge im Untergrund vor. Bereits seit mehreren Jahrzehnten würden in größeren Mengen Teeröle in die Schlei ausgetragen.

Ein vom Kreis Schleswig-Flensburg beauftragtes Rechtsgutachten zur Sanierung der mit Altlasten verseuchten Wiking-Halbinsel in Schleswig hatte die vollständige Dekontamination des betroffenen Geländes empfohlen. Dies beinhalte den Austausch des verunreinigten Bodens sowie der belasteten Sedimente in der Schlei.

In Abstimmung mit den zuständigen Behörden wurde im Auftrag der Stadt Schleswig ein Sanierungsplan für eine Dekontamination aufgestellt, so der Kreis.  Nach Rückbau von Gebäuden und Anlagen werde der kontaminierte Boden unter Einsatz von Spezialtiefbauverfahren ausgehoben und durch unbelastetes Bodenmaterial ausgetauscht. In der Schlei würden die mit Teeröl belasteten Sedimente ausgebaggert. Verantwortlich für die Durchführung der Sanierung sei der Kreis als untere Bodenschutzbehörde. Im August 2023 habe nach europaweiter Ausschreibung der Auftrag an eine Arbeitsgemeinschaft „Altlastensanierung Wikingeck“ bestehend aus den Firmen Strabag Umwelttechnik, Eggers Umwelttechnik und TerraCon vergeben werden können. Damit konnten die Arbeiten den Angaben des Kreises zufolge wie geplant Anfang Oktober 2023 starten.    

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