Bayern: „Bächen wird nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt“

Kleinere Fließgewässer bei Renaturierungsprojekten unterrepräsentiert

Der Klimawandel wirkt sich gleich doppelt auf Bäche und Flüsse aus: Er bringt einerseits Trockenheit mit sich und erhöht zugleich bei starken Niederschlägen auch die Gefahr von Hochwasser. Beim Schutz davor spielt die Renaturierung der Bäche in Bayern Experten zufolge eine wichtige Rolle. „Hochwasser wird in der Fläche gebildet“, sagte die Gewässerökologin Malvina Hoppe vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV). Hochwasser entstehe also in den Bächen, die die Flüsse speisten. Dennoch werde diesen nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt, so Hoppe.

„Renaturierte Gewässer und deren Umgebung sind deutlich besser auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet“, erläutert auch ein Sprecher vom Landesamt für Umwelt (LfU) in Augsburg. Sie sorgten für kühlere und ausgeglichenere Temperaturen im Wasser und im unmittelbaren Umfeld der Gewässer. Im Freistaat gab es nach LfU-Angaben bisher mehr als 1.000 Renaturierungsprojekte an Flüssen und Bächen, wobei die kleineren Fließgewässer dabei unterrepräsentiert waren.

In diesen stecke nicht nur wegen ihrer Gesamtlänge von etwa 90.000 Kilometern viel Potenzial. „Die großen Flüsse werden von kleineren Fließgewässern gebildet. Diese sind darauf angewiesen, dass von oben sauberes, kühles Wasser kommt“, sagte Hoppe. Und wenn bei starken Regenfällen Bäche ausufern könnten, sinke auch die Gefahr von Hochwasser in den Flüssen. Zugleich sei das umliegende Land an den Bächen besser für Trockenheit gerüstet, wenn es wie ein Schwamm Wasser aufsaugen könne.

Außerdem hätten viele Fische in den kleinen Bächen ihre Kinderstube, die auf kühleres Wasser angewiesen sind. Schattenspendende Bäume und Gehölze an den Ufern haben dort besonders große Effekte. «Schon ein 400 Meter langer beschatteter Gewässerabschnitt kann einen kleineren, flachen Bach um zwei Grad abkühlen, wodurch das Wasser auch mehr Sauerstoff aufnehmen kann», sagte der LfU-Sprecher.

Oft fehlt Fachwissen für die Renaturierung

Für die kleinen Gewässer sind dem LfU zufolge in Bayern die Kommunen zuständig. Dort fehle aber oft das Fachwissen für die Renaturierung, sagt Hoppe. Die Wasserwirtschaftsämter berieten diese zwar, doch auch dort gebe es nicht genug Personal. Der LBV hat deshalb eine Praxisbroschüre für Gemeinden erstellt und unterstützt diese bei konkreten Vorhaben.

„Jeder Bach ist individuell“, sagte Hoppe. Deshalb müsse bei jedem neu geschaut werden, was nötig sei. Generell sei wichtig, dass das Wasser frei fließen könne und dass dieser strukturreich sei, zum Beispiel tiefe und flache Bereiche habe, bewachsene Ufer und Stellen, wo sich Totholz sammeln könne.

Bis zu 90 Prozent der Kosten könnten sich die Kommunen erstatten lassen. Trotzdem müsse man vor Ort viel Überzeugungsarbeit leisten, so Hoppe. Der LBV hat in einem Projekt in elf Gebieten die Renaturierung von Bächen betreut, zwei davon zum Beispiel im mittelfränkischen Allersberg. Dafür brauche man die Einverständnis aller Nutzer und Eigentümer – auch der angrenzenden Flächen, was in Bayern meist Bauern seien. „Für die kommt es oft auf jeden Quadratmeter an.“ (dpa)       

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