DWA: Bei Umsetzung der Abwasserrichtlinie nationale Verschärfungen vermeiden

Politikmemorandum mit Schwerpunkten Abwasser und Klimaanpassung

Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) begrüßt die mit der novellierten Kommunalabwasserrichtlinie verbundenen hohen Anforderungen an die Abwasserbehandlung für den Schutz der Gewässer und der Umwelt ausdrücklich. Nationale Verschärfungen seien aber unbedingt zu vermeiden, heißt es in dem von der DWA vorgelegten Politikmemorandum „Zukunft der Wasserwirtschaft gestalten“. Dies gelte insbesondere für die Überwachungsmethodik zur Einhaltung der Vorgaben für Stickstoff und Phosphor.

„Die auch vom Europaparlament geforderte 24-h-Mischprobe muss auch in Deutschland eingeführt, der deutsche Sonderweg, die qualifizierte Stichprobe sowie die 2-h-Mischprobe müssen abgeschafft werden. Nur so kann eine europarechtliche Vergleichbarkeit der Anforderungen hergestellt werden“, erklärte Lisa Broß, Sprecherin der DWA-Bundesgeschäftsführung, bei der Übergabe des DWA-Politikmemorandums 2024 an die wasser- und umweltpolitischen Sprecher der im Bundestag vertretenden Fraktionen. Die Umsetzung der novellierten Kommunalabwasserrichtlinie in nationales Recht und Wasser als zentraler Baustein der Klimaanpassung – diese Themen stehen der DWA zufolge im Fokus der Forderungen der Wasserwirtschaft an die Bundespolitik; sie bilden die Schwerpunkte des DWA-Politikmemorandums 2024.

Förderprogramme oder zinsverbilligte Darlehen bereitstellen

Die Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie stelle mit den verschärften Vorgaben für Phosphor und Stickstoff, der weitreichenden Implementierung einer weitergehenden Abwasserbehandlung zum Spurenstoffabbau und der geforderten Energieneutralität der Abwasserbehandlung einen Meilenstein für den Gewässer- und Umweltschutz dar, so die DWA. Die strengen Vorgaben bedeuteten aber auch große Herausforderungen für die Branche in den nächsten Jahren – und erhebliche Investitionen, die zusätzlich zur Erneuerung und Sanierung der abwasserwirtschaftlichen Infrastruktur gestemmt werden müssten. Die Bundesregierung müsse dafür Finanzierungskonzepte schaffen, die den Herausforderungen angemessen sind, beispielsweise Förderprogramme oder zinsverbilligte Darlehen, heißt es in dem Politikmemorandum.

Da für die Ausgestaltung der Kostenübernahme im Rahmen der Erweiterten Herstellverantwortung die Mitgliedsstaaten verantwortlich sind und die EU dazu keine Vorgaben oder Vorschläge mache, ist nach Auffassung der DWA die Bundesregierung gefordert, zeitnah ein verursachungsgerechtes und praktikables Finanzierungsmodell zu entwickeln. Die Wasserwirtschaft benötige eine verlässliche Umsetzung der Erweiterten Herstellerverantwortung, und die Branche brauche Planungs- und Rechtssicherheit für die anstehenden Investitionen in Milliardenhöhe.

Elektrizitätsbedarf wird sich deutlich erhöhen

Im Hinblick auf die mit der Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie geforderte Energieneutralität der Abwasserwirtschaft betont die DWA, dass sich mit dem Ausbau der Kläranlagen mit weitergehenden Reinigungsstufen zur Spurenstoffelimination der Elektrizitätsbedarf deutlich erhöhen werde. Mit der energetischen Verwertung des Klärgases decke die Branche bereits heute große Teile des Wärme- und Elektrizitätsbedarfs; allerdings seien die Potenziale weitgehend ausgeschöpft. Für die Erreichung der geforderten Energieneutralität muss die Abwasserwirtschaft verstärkt weitere erneuerbare Energien – Co-Fermentation, Abwasserwärmenutzung, Windkraft, Photovoltaik – nutzen, wofür der Gesetzgeber aber die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen müsse. Zudem müssten die Bedarfe der Wasserwirtschaft zur anlagennahen Erzeugung von erneuerbaren Energien in der Landesplanung Priorität erhalten.

Ende der massiven Bodenversiegelung notwendig

Des Weiteren heißt es in dem Politikmemorandum, dass die Wasserwirtschaft die Überflutungsvorsorge weiter nachdrücklich verfolgen und sich gleichzeitig auf Dürre, Trockenheit und Niedrigwasser vorbereiten müsse. Dazu seien ein naturnaher Landschaftswasserhaushalt und ein Ende der massiven Bodenversiegelung notwendig. Zudem würden der Aus- und Neubau von Wasserspeichern und eine gezielte Wasserwiederverwendung benötigt.

Die wasserbewusste Stadtentwicklung mit einer blaugrünen Infrastruktur müsse als Leitbild einer modernen Stadtplanung flächendeckend umgesetzt und in Bauleitplanung und Raumordnung integriert werden, schreibt die DWA in dem Politikmemorandum. Die grundsätzlich richtige bauliche Nachverdichtung im urbanen Raum müsse in wasserbewusste Stadtentwicklungskonzepte eingebunden werden. Derartige Maßnahmen dienten sowohl der Überflutungsvorsorge als auch dem Wasserrückhalt für Trockenphasen und der Abmilderung von Hitze. Wesentlicher Anpassungsbedarf bestehe im Wasserrecht, aber insbesondere auch im Baurecht.

Von Projektförderung zu langfristiger Finanzierung

Die Finanzierung in diesem Bereich müsse von der Projektförderung auf eine langfristige Finanzierung umgestellt werden, heißt es weiter. Dazu sollte ein Teil des CO2-Preises verursachungsgerecht be­reitgestellt werden, aber auch Finanzierungsmöglichkeiten über Abwasserentgelte seien vorzusehen.

Um die Überflutungsvorsorge zu verbessern, muss nach Auffassung der DWA der technische Hochwasserschutz flächendeckend auf den Stand der Technik gebracht und auch ausgebaut werden. Ein Starkregenrisikomanagement muss analog zum europarechtlich vorgegebenen Hochwasserrisikomanagement verbindlich im Wasserrecht geregelt und als zwingender Bestandteil in die Bauleitplanung eingebunden werden. Starkregengefahrenkarten müssten auf Grundlage bundeseinheitlicher Bewertungsstandards erstellt und für die Bevölkerung jederzeit lesbar und nachvollziehbar sein. Da Überflutungsvorsorge beim zu schützenden Objekt beginne, seien zudem starke Anreize zur Eigenvorsorge der Bevölkerung notwendig.        

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