„Elementarschadenabsicherung sollte gesetzlich angeordnet werden“

Anhörung von Experten zur Elementarschadenversicherungspflicht

Die Elementarschadenabsicherung in der Wohngebäudeversicherung sollte über eine gesetzlich angeordnete Versicherungspflicht geregelt werden. Sie müsse präventionsorientiert ausgestaltet und durch staatliche Maßnahmen zu einer umfassenden Naturgefahren-Absicherung ausgebaut werden, empfahl Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) Mitte März in einer öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages, deren Gegenstand ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Elementarschadenversicherung fit für die Zukunft machen“ (Drucksache 20/8723) war.

Angesichts der stetigen Zunahme von Groß- und Kleinschadenereignissen aufgrund von Klima- und Wetterveränderungen wird die Bundesregierung in dem Antrag aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der unter anderem eine versicherungsvertragsrechtliche Sicherstellung vorsieht, „dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit einer Elementarschadenabsicherung angeboten wird, die nach Belehrung über die Konsequenzen abgewählt werden kann“. Neben einer Elementarschadenabsicherung soll eine staatliche Rückversicherung für Elementarschäden mit Prämienkorridor eingeführt und Planungsträger in den Ländern für ihre Verantwortung bei einer Bauleitplanung in besonders schadensgefährdeten Gebieten sensibilisiert werden. Geprüft werden soll zudem eine Konkretisierung der Staatshaftungsregeln der planenden Körperschaften, die neue Baugebiete in bisher unbesiedelten Arealen trotz dieser Risiken ausweisen.

Schwarze verwies darauf, dass eine Elementarschadenversicherung nicht verpflichtend ist. Nur etwa die Hälfte aller Wohngebäude sei umfassend gegen Elementarschäden wie Hochwasser und Starkregen versichert. Angesichts dessen bestehe ein breiter politischer Konsens darüber, dass deutlich mehr, wenn nicht sogar alle Hausbesitzer eine Elementarschadenversicherung abschließen sollten.

„Singuläre Pflichtversicherungslösung führt zu letztlich
unbezahlbaren Prämien“

Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), erklärte in ihrer Stellungnahme, der Antrag der CDU/CSU-Fraktion sei ein ernsthafter Versuch, die Komplexität des Themas zu erfassen und eine ganzheitliche Lösung anzustreben, die aus mehr als nur Versicherungsschutz besteht. Eine singuläre Pflichtversicherungslösung, wie sie die Bundesländer forderten, würde zu explodierenden und letztlich unbezahlbaren Prämien für die Verbraucher, aber auch die Versicherer, führen, die sich infolge des Klimawandels Stück für Stück aus dem Markt der Naturgefahrenversicherung zurückziehen oder ihn gänzlich aufgeben würden.

Erhebliche Versicherungslücke
gegen Überschwemmung

Der Chefklimatologe der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Munich Re, Ernst Rauch, wies darauf hin, dass es mit Blick auf die Naturkatastrophenversicherung in Deutschland eine hohe Absicherungsquote gegen Sturm und Hagel gebe, aber eine erhebliche Versicherungslücke gegen Überschwemmung und weitere Elementargefahren. Entscheidend sei unter anderem, dass nur mit einem angemessenen Preis für Versicherungsschutz Anreize für bessere Vorbeugemaßnahmen geschaffen würden. Mehr Vorsorge führe bei Extremwetter zu deutlich reduzierten Schäden und damit zu einer finanziellen Entlastung der Gesellschaft.

„Ziel muss die weitestmögliche
Verbreitung sein“

Stephen Rehmke, Vorstand der Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten (BdV), ging auf den Unionsvorschlag ein, wonach künftig ein Elementarschadenbaustein bei Wohngebäudeversicherungen aktiv angeboten, aber auch abgelehnt werden kann. Das Ziel einer Elementarschadenversicherung müsse jedoch die weitestmögliche Verbreitung sein. Eine solche Versicherung lasse sich auch als fester Bestandteil einer Wohngebäudeversicherung ausgestalten, ohne dass es sonderlich systemfremd wäre, so Rehmke. Belasse man es bei einer Abwahlmöglichkeit, werde man nicht annähernd die Versicherungsdichte erreichen, die man bei den klassischen Wohngebäudeversicherungen schon habe und die man für einen tragbaren Risikoausgleich brauche.

„Dass Schäden nicht entstehen
oder minimiert werden,
ist eigentliche Aufgabe der Politik“

Dass eine Versicherungspflicht keinen Schadensfall verhindere, gab Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund Deutschland, dem Zentralverband der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer, zu bedenken. Dass erst gar keine Schäden entstehen oder diese zumindest minimiert werden, sei jedoch die eigentliche Aufgabe der Politik. Haus & Grund lehne die Einführung einer Versicherungspflicht ab. Begrüßt werde der Gedanke der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die Versicherungsquote zu erhöhen und gleichzeitig den Staat als Rückversicherer in einem risikobezogenen Prämiensystems zu etablieren. In den Mittelpunkt der Diskussion müsse allerdings der Präventionsgedanke gerückt werden, sagte Warnecke. 

 

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