Vor weiterer Vertiefung der Weser muss Wasserqualität verbessert werden

Umweltverbände warnen vor weiteren massiven ökologischen Folgeschäden

Vor einer weiteren möglichen Vertiefung der Weser müssen nach Ansicht der niedersächsischen Landesregierung zunächst lange geplante Maßnahmen für eine bessere Wasserqualität des Flusses umgesetzt werden. „Wir brauchen eine Verbesserung“, sagte Umweltminister Christian Meyer (Grüne) nach einem Treffen mit Weser-Anrainern am Montag in Brake. Vertreter von Umweltverbänden, Kommunen, Wassersportvereinen und der Landwirtschaft hätten in dem Gespräch die Umweltfolgen vergangener Vertiefungen aufgezeigt. „Deshalb ist die Erwartung eben auch, dass die Schäden der Vergangenheit, die klar und nachweisbar sind, dass die eben auch kompensiert werden“, sagte der Grünen-Politiker.

Pläne sehen vor, die Fahrrinnen der Außenweser und der Unterweser Nord auszubauen. Damit könnten auch größere Schiffe mit mehr Ladung als bislang die Häfen der Region anlaufen. Die Außenweser verläuft von der Nordsee bis Bremerhaven, die Unterweser Nord von Bremerhaven bis Brake. Über eine solche Vertiefung wird seit Jahren gestritten.

Für den Auftakt eines Dialogs über eine Vertiefung hatten das Umwelt- und das Verkehrsministerium in Niedersachsen Umwelt- und Wirtschaftsverbände, Kammern, Unternehmen, Segel- und Wassersportvereine, Deichverbände und das Landvolk eingeladen.

BUND, Nabu und WWF:
Hochwasserrisiko steigt

Die Umweltverbände BUND, Nabu und WWF hatten vor dem Treffen vor einer weiteren Vertiefung der Weser gewarnt. „Eine erneute Flussvertiefung wäre mit weiteren massiven ökologischen Folgeschäden verbunden, wie sie an Weser, Elbe und Ems bereits in gravierender Weise festzustellen sind“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Verbände. Eine abermalige Vertiefung des Flusses bringe mehr Brackwasser, ein Gemisch aus Salzwasser und Süßwasser, in die Weser und die Wesermarsch. Zudem werde sich bei einer Vertiefung die Tide weiter verändern. Damit steige das Hochwasserrisiko.

Zwölf Weservertiefungen und massive Ausbaggerungen hätten den Fluss und seinen angrenzenden Naturraum bereits massiv geschädigt, so die Verbände. Stetig steigender Tidehub, ein Anstieg der Strömungsgeschwindigkeiten und ein immer weiteres Vorrücken der Brackwasserzone flussaufwärts führten zu dramatischen Verlusten an typischen Lebensräumen und Artenvielfalt, Häfen und Siele verschlicken massiv. Dies bringe zugleich erhebliche Nachteile für Wasserwirtschaft, Landwirtschaft, Tourismus und ansässige Unternehmen.

Der BUND weist darauf hin, dass er mit Unterstützung des WWF Deutschland bereits vor mehr als zehn Jahren gegen eine erneute Weservertiefung geklagt und sowohl vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) als auch dem Bundesverwaltungsgericht Recht bekommen hatte. Der damalige Planfeststellungsbeschluss wurde wegen schwerer Mängel bezüglich europäischen und nationalen Naturschutzrechts und Unvereinbarkeit mit dem Verschlechterungsverbot der europäischen Wasserrahmenrichtlinie für nicht vollziehbar erklärt. Dass Bund und Land trotz massiver entgegenstehender Belange erneut auf eine Flussvertiefung setzten, löse bei den Verbänden „absolutes Unverständnis“ aus.

Wirtschaftsverbände:
Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährden

Die Arbeitsgemeinschaft Niedersächsische Seehäfen (AG Seehäfen), ein Zusammenschluss, hatte vor der Zusammenkunft eine gegensätzliche Haltung eingenommen. „Die Flussanpassungen von Außen- und Unterweser (Nord) sind, ebenso wie die Vertiefung der Außenems, unverzichtbar für eine leistungsfähige seewärtige Anbindung Niedersachsens und des deutschen Außenhandels insgesamt mit der Welt“, sagte der Sprecher der AG Seehäfen, Michael de Reese. Die Wettbewerbsfähigkeit des Seehafens Brake dürfe nicht gefährdet werden.

Ähnlich äußerte sich der Wirtschaftsverband Weser mit Sitz in Bremen, der nach eigenen Angaben 90 Unternehmen vertritt. „Wir glauben, dass die Fahrrinnenanpassungen der Unterweser Nord und der Außenweser dringend notwendig sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der norddeutschen Häfen sicherzustellen“, sagte der Geschäftsführer des Verbands, Thomas Voigt.

Lies: Verbesserungen bei Wassergüte
sind nicht angegangen worden

Wirtschaftsminister Olaf Lies sagte nach dem Gespräch, die Folgen der bisherigen Fahrrinnenanpassungen hätten längst Verbesserungen bei der Wassergüte erfordert, die aber nicht angegangen worden seien. Bei den Weser-Anrainern sei in der Folge „über Jahrzehnte ein Misstrauen entstanden“. „Das ist keine Grundlage“, sagte der SPD-Politiker.

Auch um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, müsse das Ziel nun sein, Maßnahmen des Generalplans Wesermarsch anzugehen, zeigten sich die Minister einig. Eine zügig umzusetzende Maßnahme sei etwa die Ertüchtigung von Sielbauwerken, um so Wasserstände der Weser besser regulieren zu können. „Das wird die Aufgabe mit dem Bund sein, dafür zu sorgen, dass diese Maßnahmen wirklich ergriffen werden, die damit auch Voraussetzungen sind, um überhaupt am Ende eines Verfahrens entscheiden zu können: Gibt es ein Einvernehmen oder nicht“, sagte Lies. Der Dialog mit den Anrainern soll im Frühjahr 2024 fortgesetzt werden.

Behörden prüfen
Fahrrinnenanpassung

Unterdessen wird die umstrittene Fahrrinnenanpassung weiter von Behörden geprüft und geplant. Gegenwärtig lässt das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser-Jade-Nordsee entsprechende Gutachten und Planungen erarbeiten, wie die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) auf Anfrage mitteilte.

Nachdem die Unterlagen zusammengestellt worden sind, soll eine sogenannte Planfeststellungsbehörde dem Bundesverkehrsministerium einen Vorschlag unterbreiten, wie das Vorhaben fortgesetzt werden könne. Einen Zeitplan gibt es laut der GDWS noch nicht. Letztlich könnte der Bundestag über das Projekt entscheiden. Die Weser-Anpassung wurde in ein Gesetz aufgenommen, das eine solche Möglichkeit vorsieht. Das Gesetz hat den langen Namen Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz. (EUWID/dpa)           

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