Klimaanpassungsgesetz im Bundestag beschlossen

Maßnahmen des resilienten Wasserhaushalts als vorrangig ergänzt

Der Bundestag hat den Entwurf der Bundesregierung für ein Bundesklimaanpassungsgesetz beschlossen. Die Abgeordneten haben mit der Mehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen von CDU/CSU und AfD bei Enthaltung der Fraktion Die Linke für den stellenweise durch den Umweltausschuss geänderten Entwurf gestimmt, der für Bund, Länder und Kommunen die Erstellung von verbindlichen Klimaanpassungsstrategien und -maßnahmen vorsieht. Dazu lag den Abgeordneten eine Beschlussempfehlung vor, in deren Rahmen eine Entschließung angenommen wurde. Mit dem Entschließungsantrag der Ampelfraktionen, den zuvor Umweltausausschuss angenommen hatte, werden die im Regierungsentwurf genannten Cluster und Handlungsfelder für Klimaanpassungsmaßnahmen erweitert. Bei den vorrangigen Maßnahmen wurden auch solche ergänzt, die Synergien zu Maßnahmen des resilienten Wasserhaushalts und der blau-grünen Infrastruktur aufweisen. Dafür hatten sich Sachverständige bei einer öffentlichen Anhörung im Umweltausschuss ausgesprochen.

Weitere Änderungen betreffen unter anderem die Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit, die Betonung der Klimarisikoanalyse als „systematische Grundlage für die Klimaanpassung“ sowie eine Konkretisierung des Berücksichtigungsgebots. Danach sollen künftig Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen auch die Klimaanpassung berücksichtigen. Ein Jahr mehr Zeit sollen auch die Länder zur Erarbeitung ihrer Klimaanpassungsstrategien bekommen: Erst bis spätestens zum 31. Januar 2027 sollen sie diese vorlegen müssen.

In dem angenommenen Entschließungsantrag dringen die Koalitionsfraktionen zudem darauf, eine gemeinsamen Finanzierung von Bund und Ländern zur Klimavorsorge und Klimaanpassung anzustreben und sie mit ausreichend finanziellen Mitteln ausstatten. Die zuständige Umwelt-Staatssekretärin Bettina Hoffmann (Grüne) hatte im Ausschuss angekündigt, in der Umweltministerkonferenz werde die Bundesumweltministerin mit den Länder-Kolleginnen und -Kollegen über die Finanzierungsfrage beraten.

Die Schaffung einer Gemeinschaftsaufgabe Klimaanpassung, wie sie Sachverständige und Vertreter der kommunalen Spitzenvertreter auch in der Anhörung gefordert hatten, halte auch sie für wichtig. Klimaanpassung sei schließlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Gemeinsam mit den Ländern für ausreichend Mittel für die Klimaanpassung zu sorgen, verlangt auch die Union. Gleichwohl bemängelte sie in einem eigenen Entschließungsantrag, der abgelehnt wurde, „gravierende Schwachstellen des Gesetzentwurfs: Den Herausforderungen des Klimawandels begegne er nur ungenügend, monierte eine Unionsvertreterin etwa, daran änderten auch die Ergänzungen im parlamentarischen Verfahren nichts. Hauptkritikpunkt ihrer Fraktion bleibe, dass das Gesetz keine konkreten Klimaanpassungsmaßnahmen enthalte. Die Klimaanpassungsstrategie des Bundes komme im Herbst 2025 deutlich zu spät, Länder und Kommunen bräuchten aber schneller Planungssicherheit, monierte die Abgeordnete.

Strategie soll alle vier Jahre
fortgeschrieben werden

Konkret verpflichtet sich die Bundesregierung, eine „vorsorgende Klimaanpassungsstrategie“ vorzulegen und umzusetzen. Diese Strategie solle alle vier Jahre „unter Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse“ fortgeschrieben werden und messbare Ziele und Indikatoren für die Zielerreichung enthalten. Die Ziele seien zudem mit geeigneten Maßnahmen auf Bundesebene zu unterlegen, so die Regierung. Auch Empfehlungen für Maßnahmen der Länder sowie ein verpflichtendes Monitoring soll die Strategie enthalten.

Für die Länder sieht der Entwurf zudem vor, dass sie eigene vorsorgende Klimaanpassungsstrategien mit Maßnahmenplänen vorlegen und umsetzen, um die Auswirkungen und Risiken durch die Folgen des Klimawandels zu begrenzen. Grundlage hierfür müssten neben Klimarisikoanalysen auch Analysen der bereits eingetretenen Auswirkungen des Klimawandels in den einzelnen Ländern auf Grundlage von möglichst regionalen Daten sein, heißt es im Entwurf.

Für das Gebiet jeder Gemeinde und jedes Kreises soll darüber hinaus ein integriertes Klimaanpassungskonzept aufgestellt werden. Die Länder können dem Entwurf zufolge aber bestimmen, dass für das Gebiet einer Gemeinde unterhalb einer von den Ländern zu bestimmenden Größe kein Klimaanpassungskonzept aufgestellt werden muss, solange ihr Gebiet durch ein Klimaanpassungskonzept für das Gebiet eines Kreises abgedeckt ist.

DWA in Anhörung: Entwurf wird
der Bedeutung des Wassers
noch nicht gerecht

Bei der vorausgegangenen Anhörung im Umweltausschuss hatte die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) moniert, dass der vorliegende Entwurf des der Bedeutung des Wassers für die Klimaanpassung noch nicht gerecht werde. Mit dem Klimaanpassungsgesetz werde primär die strategisch planerische Ebene angesprochen, was grundsätzlich richtig sei, erklärte die DWA-Geschäftsführerin Lisa Broß. Eine erfolgreiche und schnelle Klimaanpassung setzt nach Auffassung der DWA aber voraus, dass konkrete Maßnahmen nicht erst aufgrund der noch zu erarbeitenden Klimaanpassungsstrategien ergriffen werden, sondern, dass die Umsetzung von Klimaanpassungsmaßnahmen gerade auch in den Fachgesetzen gestärkt wird - Wasserrecht, Baurecht oder Naturschutzrecht stünden hier besonders im Vordergrund. Die DWA sehe zudem noch erheblichen Klärungsbedarf bei der Harmonisierung mit dem Fachrecht.

Wasser sei der zentrale Baustein der Klimaanpassung - nur wasserbewusste Städte seien zukunftsfähige Städte, sagte Broß. Das bedeute konkret: wasserbewusste Stadtentwicklung, Schwammstadt und natürlicher Landschaftswasserhaushalt. Ohne wasserbewusste Städte gebe es keine Vorsorge gegen Starkregen, keine ausreichenden Wasserspeicher für das Stadtgrün in Trockenzeiten und keine Verdunstungskühlung gegen Hitzestress. Das gelte nicht nur für den urbanen Raum. Wasser müsse auch in der Landschaft zurückgehalten werden.

Und auch die Mindestwasserführung für ökologisch intakte Gewässer sei kein Selbstzweck, sondern wichtig für eine zukunftsfähige Umwelt und eine nachhaltige Biodiversität. Die Renaturierung von Gewässern, Mooren und Auen seien dafür ebenso absolut notwendig wie ein Stopp der weiteren Versiegelung und die konkrete Entsiegelung von Flächen. Nicht nur die im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Extremereignisse, sondern vor allem auch schleichende Veränderungen wie sinkende Grundwasserspiegel und Schäden an Böden und Wäldern, erschwerten der Wasserwirtschaft die Gewährleistung der Daseinsvorsorge erheblich.

VKU: Start Ende 2025 zu spät

 Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), hatte in der Anhörung das Ziel begrüßt, das Land mit dem Klimaanpassungsgesetz bestmöglich vor den Folgen des Klimawandels wie Starkregen, Dürren oder Niedrigwasser zu schützen. Allerdings sei der geplante Umsetzungsstart Ende 2025 zu spät, und die Finanzierungsfrage sei zu klären. Dem Klimaanpassungsgesetz müsse schnellstmöglich die Anpassungsstrategie des Bundes folgen, denn nur wenn auch konkrete Maßnahmen feststehen, könnten Länder und Kommunen darauf aufbauend ihre eigenen entwickeln. Und erst dann können die kommunalen Unternehmen die Umsetzung starten und die Anpassung ihrer Systeme und Infrastrukturen entschlossen weiter vorantreiben.

„Bundesregierung muss die
Maßnahmenfinanzierung sichern“

Zudem hatte der VKU kritisiert, dass im Gesetzentwurf nicht ausreichend geklärt werde, woher das Geld für die entsprechenden Investitionen stammen soll. „Bevor die Bürgerinnen und Bürger mit ständig steigenden Entgelten zusätzlich belastet werden, sollte die Bundesregierung die Maßnahmenfinanzierung sichern, in dem sie ein nachhaltiges Förderinstrument für die Klimaanpassung schafft - am besten als Gemeinschaftsaufgabe“, erklärte Liebing.

Dass die Anpassung an die Folgen des Klimawandels eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei und daher auch als Gemeinschaftsaufgabe etabliert werden müsse, war der nahezu einhellige Tenor der Expertenanhörung. Die Vertreter von Deutschem Städtetag und Deutschem Landkreistag, Alice Balbo und Kay Ruge, sahen in dem geplanten Rahmengesetz der Bundesregierung zwar einen notwendigen ersten Schritt auf dem Weg zu Klimaanpassung. Doch dass es nur zur Erstellung von Strategien verpflichte, aber nicht die finanzielle oder rechtliche Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen regle, bemängelten beide Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.

UFZ: Fachrechtliche Instrumente
nicht zu ersetzen

Das vorliegende Gesetz sei im Kern ein „Politikplanungs- und Governancegesetz“, betonte Wolfgang Köck vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Es bedürfe der Ausgestaltung in Fachgesetzen wie dem Raumordnungsgesetz, dem Baugesetzbuch und im Wasserhaushaltsgesetz, da diese die Anpassungsaufgabe bislang nur „unzureichend adressierten“. Der vorliegende Entwurf sei daher ein wichtiges Instrument insbesondere auch mit Blick auf die verpflichtenden Klimarisikoanalysen. Fachrechtliche Instrumente könne es aber nicht ersetzen, es brauche beide.       

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