Baden-Württemberg: Verbraucher müssen mit steigenden Trinkwasserpreisen rechnen

Wasserversorger müssen in Infrastruktur investieren

Nicht zuletzt wegen des Klimawandels müssen sich die Menschen auf steigende Wasserpreise einstellen. So müssten Wasserversorger in Infrastruktur investieren und beispielsweise neue Brunnen bauen und Leitungsnetze instand setzen, sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Zweckverbands Landeswasserversorgung, der rund drei Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt. Wasserverluste im Leitungsnetz sollten vermieden werden. Hinzu kämen hohe Energiepreise und teils deutlich steigende Personalkosten, die die Unternehmen an ihre Kundinnen und Kunden weitergeben.

Da die Trinkwasserversorgung in Baden-Württemberg in der Regel in kommunaler Hand sei, gehe es dabei meist nur um eine Weitergabe der Kosten, erklärte der Sprecher. Die Landeswasserversorgung etwa dürfe als kommunaler Zweckverband keine Gewinne machen. Ihr gehören den Angaben nach 106 Städte, Gemeinden und Zweckverbände an.

Auch die Bodensee-Wasserversorgung hatte erklärt, dass die durchschnittliche Umlage von 2022 auf 2023 vor allem wegen gestiegener Aufwendungen für den Energiebezug und Personal um mehr als 23 Prozent steigen sollte. Hinzu komme ein Erneuerungsprogramm. Über die Entwicklung für das kommende Jahr soll die Verbandsversammlung in Kürze entscheiden. Im Versorgungsgebiet leben hier rund vier Millionen Menschen.

Regionale Unterschiede bei
Versorgung und Kosten

„Die Auswirkungen des Klimawandels machen einen erheblichen Aus- und Umbau der Wasserinfrastruktur notwendig“, hatte der Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Martin Weyand, im September erklärt. Das betreffe Talsperren und Wasserwerke, die Ausweitung von Schutzgebieten und ganz besonders den Ausbau von Verknüpfungs- und Fernleitungen. „Um die Trinkwasserversorgung auch in Zukunft flächendeckend zu gewährleisten, brauchen wir dringend mehr solcher überregionalen Infrastrukturen zum Mengenausgleich.“

Ein Kubikmeter Trinkwasser - also 1.000 Liter - kostete im Südwesten zuletzt im Schnitt 2,44 Euro, wie das Statistische Landesamt im Oktober mitgeteilt hatte. Das waren 11 Cent mehr als ein Jahr zuvor. In 40 Prozent der Gemeinden habe sich das Trinkwasser verteuert, erklärten die Fachleute. Die Gebühren unterscheiden sich von Kommune zu Kommune. Die Spanne reicht in diesem Jahr von 0,32 bis 5,35 Euro je Kubikmeter. In den Gebühren äußere sich der lokale Aufwand für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung, der zum Beispiel von der Siedlungsstruktur, der Ergiebigkeit und Qualität der Wasservorkommen vor Ort oder den Anforderungen an die Kläranlagen abhängt.

Interessant sind beim Blick in die Daten der Stuttgarter Behörde auch Langzeitvergleiche: So betrug der Kubikmeterpreis 1979 noch 64 Cent. Heute ist es also fast viermal so viel. Auch im bundesweiten Vergleich müssen Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger tief in die Tasche greifen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts lag der Preis je Kubikmeter Trinkwasser im Jahr 2022 im Südwesten bei 2,33 Euro, im bundesweiten Schnitt hingegen lediglich bei 1,83 Euro. Nur in Bremen war Wasser mit 2,44 Euro je 1.000 Liter teurer. In Niedersachsen waren es bloß 1,43 Euro.

Versorgungsstrukturen
unterscheiden sich

Aus Sicht des Landesumweltministeriums ist ein Vergleich der Bundesländer schwierig, weil sich die Versorgungsstrukturen unterscheiden. „Gerade in der Schwarzwald Region und auf der Schwäbischen Alb sind die Versorgungsstrukturen sehr kleinteilig und dezentral, zudem müssen hier erhebliche Höhenunterschiede überwunden werden“, erläuterte eine Sprecherin. Dies wirke sich auf die Entgelte aus. Bei den Jahresgesamtkosten aus der Summe des verbrauchsabhängigen und -unabhängigen Entgelts sei Baden-Württemberg mit 273,36 Euro bei durchschnittlicher Haushaltsgröße und Verbrauch an vierter Stelle knapp über dem Bundesdurchschnitt von 262,39 Euro.

Die Landeskartellbehörde für Wasser beobachte die Trinkwasserpreise von Versorgungsunternehmen, die privatrechtliche Entgelte erheben, teilte das Ministerium mit. Das sind derzeit 84 im Land. Wasserversorger, die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage Gebühren erheben, unterliegen hingegen nicht der Kartellaufsicht.

Unterschiedliche und teils
gegenläufige Aspekte

In einem 2023 veröffentlichten Leitfaden zur Wasserpreiskalkulation, der im Auftrag des BDEW und des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) erarbeitet wurde, heißt es zur Entwicklung des Trinkwassergebrauchs: „Die Tendenz zum bewussten Umgang mit Wasser als dem Lebensmittel Nr. 1 ist bundesweit feststellbar.“ Im Zeitraum von 1990 bis 2010 sei der personenbezogene Wassergebrauch in Deutschland um 17 Prozent auf 122 Liter pro Kopf und Tag gesunken - weniger als eine Badewanne voll.

In dem Dokument werden auch unterschiedliche und teils gegenläufige Aspekte deutlich, die bei der Preiskalkulation eine Rolle spielen: So gehe es aus betriebswirtschaftlicher Perspektive darum, Kosten möglichst sicher zu decken. Gemeinhin solle Trinkwasser als Produkt der Daseinsvorsorge zudem sozialverträglich zugänglich zu sein.

Hinzu kämen auf übergeordneter, staatlicher Ebene umweltpolitische Ziele: „So kann über die Ausgestaltung der Entgelte neben der Kostendeckungsfunktion auch auf einen ressourcenschonenden und nachhaltigen Umgang mit Wasser hingewirkt werden“, heißt es in dem Leitfaden. "Durch das über die Trinkwasserentgelte gesendete Preissignal wird letztlich die Knappheit der Ressource verdeutlicht.“ (dpa/EUWID)

- Anzeige -

Themen des Artikels
Kategorie des Artikels
- Anzeige -