Greenpeace: Polnische Kohlekonzerne für Fischsterben in der Oder verantwortlich

Wasserproben rund um Bergwerke zeigen hohen Salzeintrag an drei Zuläufen

Die Umweltorganisation Greenpeace hält zwei polnische Bergbaukonzerne für die Verursacher des Fischsterbens in der Oder im vergangenen Sommer. Bei drei Bergwerken der polnischen Bergbaukonzerne Polska Grupa Górnicza (PGG) und Jastrzębska Spółka Węglowa S.A. (JSW SA) könne die Umweltschutzorganisation die Belastung durch salzhaltige Einleitungen nachweisen, teilte Greenpeace am Donnerstag mit. Ein polnisch-deutsches Greenpeace-Team habe an drei Zuflüssen zur Oder und sechs zur Weichsel 57 Wasserproben genommen und untersucht.

„Die Kombination aus skrupellosen Konzernen und untätigen Behörden hat dazu geführt, dass ein ganzer Fluss zunächst versalzt und dann vergiftet wurde“, erklärte Nina Noelle, Projektleiterin von Greenpeace Deutschland. Nur durch ausreichende Überwachung durch polnische Behörden lasse sich verhindern, dass es jederzeit zu weiteren ökologischen Katastrophen im polnisch-deutschen Fluss kommt. Greenpeace fordere von der polnischen und deutschen Regierung, den Fluss zu renaturieren, rund um die Uhr zu überwachen und das Einleiten von schädlichen Substanzen, wie Salzen und Schwermetalle, zu verbieten.

Die höchsten Salzwerte im Oderzufluss Bierawka

Die höchsten Salzwerte habe das Greenpeace-Team im Oderzufluss Bierawka gefunden, in den der Bergbaukonzern JSW SA sein Grubenwasser einleitet. Der Salzgehalt des Zuflusses liege dort bis 15-fach über dem für Süßwasser empfohlenen Wert von 500ppm (parts per million). Zwei weitere Bergwerke von PGG erhöhten den Salzgehalt der Zuflüsse Klodnica und Kochlowka um bis zum 14-fachen der empfohlenen Werte. Das salzhaltige Wasser begünstige giftige Algenarten, wie Prymnesium parvum. Die Alge wächst ab einem hohen Salzgehalt, der dreifach über dem Süßwasser-Wert liegt. In ihrem Inneren bilde sie ein Gift, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Das Toxin der Alge habe dann fatale Folgen für Fische oder Muscheln, die damit in Kontakt kommen und durch Schwermetalle bereits vorgeschädigt sind.

Weichsel noch stärker belastet als Oder

Die Salzeinleitungen in die Weichsel sind laut Greenpeace höher als die in der Oder. Die Wasserqualität der Flüsse wird auf polnischer Seite nicht durchgängig überwacht. Einleitungen von Bergbaukonzernen und anderen Fabriken werden nur auf dem Papier kontrolliert.

Experten sind bereits davon ausgegangen, dass Salzeinleitungen ein wesentlicher Grund für das Oder-Fischsterben waren, verbunden mit Niedrigwasser, hohen Temperaturen und einer giftigen Algenart. So nennt ein EU-Bericht den hohen Salzgehalt,verursacht durch die Einleitung von Industrieabwässern beispielsweise aus dem Bergbau,als Schlüsselfaktor für die Umweltkatastrophe. Zuvor waren polnische Experten ebenso wie eine deutsche Expertengruppe zu dem Schluss gekommen, dass die wahrscheinlichste Ursache für das Fischsterben in der Oder ein sprunghaft gestiegener Salzgehalt ist, der gemeinsam mit weiteren Faktoren für eine massive Vermehrung einer für Fische giftigen Brackwasseralge geführt habe.

Das Unternehmen JSW teilte mit, es wolle sich mit dem Greenpeace-Bericht befassen. Darüber hinaus äußerte sich der Kohleproduzent am Donnerstag nicht dazu. Das zweite Unternehmen reagierte bislang nicht auf eine Anfrage, auch das polnische Umweltministerium nicht.

BMUV geht von weiteren
Ermittlungen auf polnischer Seite aus

Das Bundesumweltministerium (BMUV) teilte am Donnerstag mit, die deutschen und polnischen Behörden seien weiter in Kontakt, um ein besseres Verständnis der Ursachen des Fischsterbens zu erlangen. „Wir gehen außerdem davon aus, dass zur Aufklärung der Ursachen des massiven Fischsterbens auf der polnischen Seite weiter Ermittlungen durchgeführt werden.“ Inwiefern der Greenpeace-Report hierfür neue Anhaltspunkte gebe, müssten die polnischen Behörden bewerten.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sprach im vergangenen Sommer von einer Umweltkatastrophe an der Oder. Auf polnischer und deutscher Seite waren im August schätzungsweise mindestens 360 Tonnen Fische verendet. Auch Monate nach dem Fischsterben waren erhöhte Salzwerte in dem Fluss gemessen worden. (EUWID/dpa)          

Das Ergebnis seiner Untersuchung hat Greenpeace-Polen in dem Report „Salinisation Of Poland's Two Major Rivers By Mining Companies“ veröffentlicht (https://act.gp/3Y5kskd).

 

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